nd-aktuell.de / 29.06.2009 / Politik / Seite 6

Gericht riet Flüchtling Bestechung an

Birgit von Criegern

Fragwürdig argumentierte ein Gericht bei der angeordneten Abschiebung für einen Flüchtling in Niedersachsen, berichtete die Antirassistische Initiative Berlin e. V. (ARI). Der syrische Kurde Delgash A. sollte am Mittwoch per Polizei zum Flugzeug nach Syrien gebracht werden. Wie andere syrische Flüchtlinge war er ins Visier der Behörden geraten, die seit Beginn 2009 auf rascherem Wege Abschiebungen durchführen, gemäß dem umstrittenen deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommen.

Der 30-Jährige, der seit 2001 in Deutschland lebte, fürchtet, in seinem Herkunftsland politisch und ethnisch verfolgt zu werden. Mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Osnabrück versuchte seine Anwältin am Mittwoch vergangener Woche, die Abschiebung zu stoppen. Der Negativ-Bescheid des Gerichts verblüffte: Man gestand ein, dass Herr A. als Kurde möglicherweise in Syrien »kurzfristig« in Haft genommen werden könnte. Und riet für diesen Fall zum Freikauf durch Bestechung: »Überdies ergibt sich aus dem vom Antragsteller zitierten Bericht des Syrian Human Rights Committee, dass die Freilassung am Flughafen in Damaskus bei der Einreise Festgehaltener in der Praxis durch die Zahlung von Bestechungsgeldern erreicht werden könne.«

Der Bruder des Betroffenen Fakhri A. nannte die Begründung »nicht angemessen und äußerst unmoralisch«. Gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen intervenierte er, nachdem Delgash A. am Frankfurter Flughafen einen Nervenzusammenbruch erlitt, und in Abschiebehaft überführt worden war. Am Freitag sei er vorerst wieder freigelassen worden, so Fakhri A.

Schäubles Rückführungsabkommen mit dem syrischen Außenminister wird von Menschenrechtsgruppen stark kritisiert. Pro Asyl nennt es ein »Damoklesschwert über in Deutschland lebenden, oft langjährig geduldeten Flüchtlingen – nicht nur Syrern, sondern auch Palästinensern und Staatenlosen. Syrien wird als Vertragspartei behandelt. Dabei gehört es seit Jahrzehnten zu den menschenrechtlichen Problemfällen.«