Ein bisschen Grusel

Das große Sommertheater dieser Tage läuft unter dem Titel »Die Stasi ist unter uns«. Kein Wunder: Wir haben ein Supergedenkjahr plus Bundestagswahl, und da braucht man auch ein bisschen Supergrusel. Dafür ist das MfS immer noch gut; auf Genauigkeit kommt es nicht so sehr an. Hauptsache Gänsehaut. Über 17 000 einstige MfS-Mitarbeiter sollen im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer tätig sein, heißt es, ein paar auch beim Bund. Hauptamtliche und Inoffizielle werden bunt durcheinander gewürfelt; die über viele Jahre stattgefundenen, oft mehrfachen Überprüfungen werden als oberflächlich abgetan.

Am besten wäre es wohl gewesen, das komplette MfS hätte sich Ende 1989 in Luft aufgelöst, inklusive aller Mitarbeiter. Denn seitdem konnten die Tschekisten nur noch Fehler machen: Wer um seine Rente kämpfte, war unverschämt. Wer sein Heil in der Privatwirtschaft suchte, hing bestimmt an alten Seilschaften. Wer in den neuen öffentlichen Dienst wollte, wurde mindestens schief angeguckt. Wer Bücher schrieb, war unbelehrbar. Diesen Zustand haben wir seit 20 Jahren. Es wäre an der Zeit, den gesellschaftlichen Generalverdacht fallen zu lassen und die Leute nach ihrer Lebensleistung auch in diesen letzten 20 Jahren zu beurteilen. Wem aus der Zeit davor etwas Konkretes vorzuwerfen ist, der soll sich verantworten. Der Rechtsstaat kennt dafür genügend Mittel. Stasi-Rasterfahndungen aber sollten endlich der Vergangenheit angehören.

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