Der Pfarrer, der Sprecher, der Glückliche

Benedikt Schirge sprach für die »Freie Heide«

Als der Theologe Benedikt Schirge 1990 mit seiner Familie von Ostberlin ins Pfarrhaus von Zühlen zog, ahnte er nicht, was ihn dort erwartete: Fast zwei Jahrzehnte Kampf um die friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide im Norden Brandenburgs. Zunächst wusste der evangelische Pfarrer nicht einmal, dass es in der Gegend einen riesigen Truppenübungsplatz gab, der zu dieser Zeit noch von den sowjetischen Streitkräften genutzt wurde.

Benedikt Schirge avancierte zum Sprecher der Bürgerinitiative »Freie Heide« und er hielt auf diesem Posten auch aus, als die evangelische Kirche die Pfarrstelle in Zühlen streichen musste. Anstatt Schirge zu versetzen, stellte die Kirche ihn aber für die Friedensarbeit frei. Fortan lebte er von Spenden.

Man darf, man muss Benedikt Schirge das Gesicht des Widerstands nennen. Er hat die Öffentlichkeitsarbeit immer wieder angekurbelt. Eigentlich wollte er damit jedoch nie im Mittelpunkt stehen. Fast unangenehm schien es es ihm deshalb im vergangenen Jahr zu sein, vom Land Brandenburg den Roten Adlerorden anzunehmen. Er sei bloß herausgepickt worden, weil dieser Orden nun einmal nur an Einzelpersonen vergeben werde, und er betrachte dies als Auszeichnung für die gesamte Bürgerinitiative, erklärte der damals 46-Jährige.

Schirge ging seinerzeit davon aus, dass sich die »Freie Heide« irgendwann durchsetzt – wenn die Bombodrom-Gegner durchhalten. Sie haben durchgehalten. Ende Mai 2009 versicherte Benedikt Schirge im ND-Interview: »Wir werden die Heide frei bekommen. Es wäre schön, wenn es noch in diesem Sommer passiert, aber es geschieht auf jeden Fall.« Rechtsanwalt Rainer Geulen, dessen Kanzlei die Bombodrom-Gegner seit 1994 vertritt, verwies kürzlich auf 27 Urteile, die Niederlagen für die Bundeswehr darstellten. Geulen äußerte: »Ich glaube, es ist jetzt Schluss« und »Das Bombodrom ist tot.«

Am Donnerstag – endlich – war es soweit. Der CDU-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung machte wahr, was ein SPD-Politiker Rudolf Scharping einst versprochen, aber dann nicht gehalten hatte, als er in der rot-grünen Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder den Posten des Verteidigungsministers erhalten hatte. »Es ist der Tag, auf den wir lange hin gelebt und gearbeitet haben«, freute sich Schirge gestern.

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