Wahlausschuss versteht keinen Spaß

Viele Kleinstparteien wie die APPD dürfen zur Bundestagswahl nicht antreten

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Bundeswahlausschuss versagte am Freitag insgesamt 28 Parteien und Vereinigungen die Teilnahme an der Bundestagswahl im September.

Am 27. September wird der Deutsche Bundestag gewählt. Zwar sorgt die Fünf-Prozent-Hürde dafür, dass nicht jede Splitterpartei ins Parlament einziehen kann, doch was viele Wähler nicht wissen: Bereits lange vor der Wahl erfolgt eine erste Siebung durch den Bundeswahlausschuss. In dem 10-köpfigen Gremium sitzen neben Bundeswahlleiter Roderich Egeler und seinem Stellvertreter auch Beisitzer aller im Bundestag vertretenen Parteien. Am Freitag kam dieser Ausschuss in Berlin zusammen, um zu entscheiden, welche der 49 Parteien und Vereinigungen, die sich zur Bundestagswahl angemeldet hatten, auch als Parteien »nach § 2 des Parteiengesetzes« anzuerkennen sind.

So müssen die Parteien aufgrund ihrer Mitgliederzahl und der »Festigkeit ihrer Organisation« eine »Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer Zielsetzung bieten«. Von dieser Prüfung ausgenommen sind laut Gesetz jene Parteien, die bereits im Bundestag oder in einem Landtag vertreten sind und dort über mindestens fünf Abgeordnete verfügen. Somit mussten also CDU oder LINKE nicht vor dem Ausschuss erscheinen.

Dafür aber die Piratenpartei. Die neu gegründete Bürgerrechts-Partei, die sich für besseren Datenschutz und Informationsfreiheit einsetzt, erfüllte die notwendigen Voraussetzungen: Immerhin verfüge man bereits »über 4300 Mitglieder« und sei »in jedem Bundesland mit einem Landesverband vertreten«, wie Aaron Koenig, Mitglied des Bundesvorstands der Partei, dem Ausschuss versicherte. Weniger Glück hatte dagegen die Anarchistische Pogopartei (APPD), deren Mitglieder größtenteils aus der Punkerszene kommen. Für Aufsehen sorgte die APPD während der Bundestagswahl 2005 mit einem ebenso kontroversen wie satirischen Wahlwerbespot, den der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse als »Schande für Deutschland« bezeichnete. Auf die Frage des Ausschussvorsitzenden, warum die Partei nur mit drei Landesbänden zur Wahl antrete, scherzte der APPD-Beauftragte Volker Stoi: »Die anderen Landesverbände befinden sich im Untergrund«. Doch echte Demokraten verstehen keinen Spaß, wenn es um ihre Demokratie geht: Eine Mehrheit des Ausschusses versagte der APPD die Zulassung.

Auch Martin Sonneborn, ehemaliger Chefredakteur des Satire-Magazins Titanic, scheiterte mit seiner Spaßpartei an der Humorlosigkeit des Ausschusses. Sonneborns Partei, die sich der Einfachheit halber »Die Partei« nennt und angeblich 8000 Mitglieder zählt, setzt sich unter anderem für den Wiederaufbau der innerdeutschen Grenze ein.

Mehr Glück hatte dagegen Gabriele Pauli. Das ehemalige Enfant Terrible der CSU darf mit ihrer Freien Union an der Wahl teilnehmen. Ebenso wie etwa die Christliche Mitte (CM), eine Partei, die sich »für ein Deutschland nach Gottes Geboten« einsetzt. Leider kein Witz, die katholischen Fundamentalisten, die sich auch für die »Judentaufe« aussprechen, wären eigentlich eher ein Fall für das Bundesverfassungsgericht.

Am Ende der Ausschusssitzung blieben von den ursprünglich 49 Parteien und Wählervereinigungen lediglich 21 übrig. Allerdings haben die abgelehnten Bewerber die Möglichkeit, ihren Widerspruch einzulegen. Und vielleicht finden sich dann im September auch APPD und »Die Partei« auf dem Stimmzettel.

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