Kein Grund zum Jammern

Deutsche bleiben ihren Zahnärzten treu

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Neue Zähne lassen sich die Deutschen weiterhin fast nur beim eigenen Zahnarzt einsetzen. Zahnersatz aus dem Ausland bleibt die Ausnahme, auch ein Trend zum Dentaltourismus ist nicht zu erkennen.

Zahnersatz aus dem Ausland erhält bisher jährlich nur jeder zehnte aller bedürftigen Patienten, und noch kleiner ist der Anteil der Deutschen, die für eine Zahnbehandlung etwa nach Ungarn oder Tschechien pilgern. Zu diesem Schluss kam eine Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), die kürzlich in Berlin vorgestellt wurde. Zwar wachsen die Marktanteile ausländischer Anbieter kontinuierlich, dennoch können deutsche Dentisten mit ihren Patienten zufrieden sein: Nicht nur, dass 70 Prozent der Bevölkerung regelmäßig den Zahnarzt aufsuchen, 90 Prozent bleiben dem gewählten Arzt auch treu. Entsprechend groß ist das Vertrauen in deren Entscheidungen, was auch die Herkunft der verwendeten Materialen betrifft.

»Nach der Einführung der Festzuschüsse für gesetzlich Krankenversicherte 2005 ist der Patient kostenbewusster und der Wettbewerb im Prothetikmarkt intensiver geworden. Weil die Zahntechnik meist den Löwenanteil an der Rechnung ausmacht, nutzt man verstärkt günstige ausländische Anbieter«, berichtet Jürgen Fedderwitz, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung.

Für die meisten Praxen ist der Import jedoch immer noch die Ausnahme. Knapp die Hälfte der befragten Ärzte nutzte bisher keinen ausländischen Zahnersatz. Der Qualität dieser Produkte stehen viele Patienten sehr skeptisch gegenüber. Eine Bestätigung dafür lieferte eine Untersuchung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen Rheinland-Pfalz, die Zahnersatz aus dem Ausland begutachtete. Ein Drittel der Kronen, Brücken oder Implantate erwies sich als mangelhaft, von denen wiederum für zwei Drittel ein völliger Neuaufbau der Prothese empfohlen wurde.

Zahnersatz wird in mehr als 50 Prozent der Fälle aus China importiert, es folgen die Türkei, die Philippinen und Hongkong. Die EU-Staaten Tschechien, Ungarn und Spanien haben insgesamt einen Anteil von knapp acht Prozent. Verwendet ein Zahnarzt Material, das im Ausland bearbeitet wurde, muss er seine Patienten darüber aufklären und den gesamten Preisvorteil an diese weitergeben. Die Gesamtverantwortung für die Qualität der Versorgung und das Ergebnis verbleibt auf jeden Fall beim Arzt. Die Ersparnis kann zwischen knapp 50 Prozent für im Ausland eingegliederte Implantate und knapp 30 Prozent für Kronen liegen, vorausgesetzt, der Festzuschuss der Kassen wird in Anspruch genommen. Dabei sind Reisekosten und Zeitaufwand noch nicht berücksichtigt.

Für einen Krankenkassenzuschuss ist auch bei der Behandlung im Ausland ein Heil- und Kostenplan erforderlich. Damit verbunden wären somit schon zwei Reisen. Auch für die Nachbehandlung und eventuelle Korrekturen könnten weitere Urlaubstage nötig sein. Diese Bedingungen ließen die Abenteuerlust deutscher Zahnpatienten bisher nicht gerade wachsen. Die Entscheidung für Zahnersatz aus dem Ausland oder gar für Dentaltourismus fiel häufiger bei Patienten mit geringerem Haushaltseinkommen, so die Studie.

Die offenbar auch in Deutschland übliche Praxis, den eigenen Befund im Internet zu versteigern und so die billigste Behandlung auszuwählen, bezeichnete Fedderwitz als verantwortungslos. Auch eine zweite Meinung sollte direkt bei einem anderen Zahnarzt eingeholt werden. Angesichts eines vielfältigen Marktes bräuchten Konsumenten verlässliche Information und Orientierung.

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