Weltweiter Protest für die Verhafteten in Iran

Globaler Aktionstag zur Unterstützung der iranischen Bürgerrechtsbewegung / Hungerstreik und Kundgebung am Brandenburger Tor

  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Kundgebungen in vielen Städten der Welt soll am heutigen Samstag die Opposition in Iran unterstützt werden. Zu dem »globalen Aktionstag« haben Organisationen wie Amnesty International und Reporter ohne Grenzen aufgerufen. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin haben sich Demonstranten zu einem Hungerstreik versammelt. In Iran selbst wurden erneut die Freitagsgebete zu Kritik an der Regierung genutzt.
Die Hungerstreikenden vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Die Hungerstreikenden vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Berlin (ND-Arps/dpa). »Nieder mit der Islamischen Republik Iran«, rufen die rund 50 Frauen und Männer immer und immer wieder. Sie haben sich gestern vor dem Brandenburger Tor in Berlin versammelt. Trotz strömenden Regens haben es sich die Exil-Iraner auf Isomatten auf dem Mittelstreifen des Pariser Platzes eingerichtet. Um sie herum sind Spruchbänder ausgebreitet, auf denen die Freilassung aller politischen Gefangenen sowie die Abschaffung von Folter und Todesstrafe in Iran gefordert werden.

Die Protestierenden, von denen viele selbst in den 80er Jahren in Iran politisch inhaftiert waren, befinden sich seit gestern morgen im Hungerstreik. Anlass für die Aktion sind die jüngsten Verhaftungswellen in der Islamischen Republik Iran. Mit ihrer Aktion wollen sie sich mit den Gefangenen solidarisieren und vor einem möglichen Massaker warnen.

»Wir wollen denen eine Stimme geben, die während der jüngsten Massenproteste in Iran festgenommen wurden. Denn wir wissen, was die Gefangenen jetzt durchmachen«, erklärt Mojdeh Arassi, eine der Organisatorinnen.

Die Veranstalter schätzen, dass in den letzen Wochen mehrere Demonstranten getötet und zwischen 3000 und 5000 Personen von den Sicherheitskräften inhaftiert worden seien, zumeist Studierende und Journalisten. Die aktuellen Verhaftungswellen erinnerten die Protestierenden an ihre eigenen traumatischen Erfahrungen, die sie als Mitglieder des Widerstands gegen die iranische Republik gemacht hätten. In Redebeiträgen schildern ehemalige politische Gefangene, die meisten von ihnen Frauen, was ihnen in den Gefängnissen des iranischen Staates widerfahren ist.

Unter ihnen ist Sefarehe Abassi, die 1981 zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer 15 Tage alten Tochter von der iranischen Polizei verhaftet wurde. Acht Jahre habe sie in verschiedenen iranischen Gefängnissen verbracht, davon zwei in Isolationshaft; mehrfach sei sie gefoltert worden. Während dieser Zeit habe es mehrere Massaker an Gefangenen mit Tausenden Toten gegeben, sie selbst sei aufgrund internationalen Drucks entlassen worden. Dem oppositionellen Präsidentschaftskandidaten und offiziellen Anführer der aktuellen Proteste in Iran will man sich hier im Zentrum der Bundeshauptstadt allerdings nicht anschließen. Dass Mir Hussein Mussawi heute von Menschenrechten spreche, sei lächerlich, erklärt Arassi. Mussawi war in den 80er Jahren Ministerpräsident, habe in jener Zeit Tausende von Linken und anderen demokratisch Denkenden im Gefängnis umbringen lassen und Minderheiten unterdrückt. Daran erinnern sich die Opfern mit Grauen.

Auch deshalb wollen die Hungerstreikenden gemeinsam mit Menschenrechtsorganisationen am heutigen Samstag weltweit mit einem Aktionstag für Menschenrechte und Meinungsfreiheit in Iran demonstrieren. Geplant sind Demonstrationen unter anderem in Paris, Rom und New York. Die zentrale Kundgebung in Deutschland beginnt um 13 Uhr auf dem Potsdamer Platz in Berlin.

In Iran selbst spitzt sich der Streit um die Ernennung des ersten Stellvertreters von Präsident Mahmud Ahmadinedschad weiter zu. Der einflussreiche konservative Geistliche Ahmed Chatami forderte den Staatschef während des Freitagsgebets auf, den erst vor einer Woche ernannten Esfandiar Rahim Maschaie wieder von dem Posten des ersten Vizepräsidenten abzuberufen. Da diese Forderung auch die Meinung des obersten Geistlichen Führers Ayatollah Ali Chamenei wiedergebe, sei Ahmadinedschad zum »schnellstmöglichen« Gehorsam aufgefordert.

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