Mehr Züge auf der Stadtbahn

Bahn weitet Ersatzangebote für S-Bahn aus / Bei Entschädigungsregelung bleibt sie stur

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(ND/dpa). Die Deutsche Bahn erweitert das S-Bahn-Ersatzangebot mit Regionalzügen auf der Stadtbahn ab diesem Wochenende. Zwischen Potsdam, Hauptbahnhof und Ostbahnhof fahren künftig an sieben Tagen der Woche in der Zeit von 4 bis 24 Uhr vier Züge pro Stunde und Richtung. Dieses Angebot galt bislang nur montags bis freitags von 6 bis 20 Uhr. Ergänzend zu den planmäßigen Nachtzügen des Regionalverkehrs gibt es am Wochenende weitere Fahrten um 0.59 Uhr, 1.56 Uhr und 3.20 Uhr ab Ostbahnhof sowie um 23.52 Uhr, 2.28 Uhr und 3.22 Uhr ab Potsdam-Hauptbahnhof..

Als Alternative zum eingestellten S-Bahn-Verkehr zwischen Zoo und Ostbahnhof fahren derzeit insgesamt sieben Regionalzüge pro Stunde und Richtung auf diesem Abschnitt, die auch im Hauptbahnhof, in Friedrichstraße und am Alexanderplatz halten. Auf den übrigen S-Bahn-Linien wird in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag ein eingeschränkter Nachtverkehr angeboten. Dabei fahren die Linien S 1, S 2, S 41/42, S 46 und S 5 planmäßig. Auf den anderen Strecken gibt es Einschränkungen. Der Ersatzbus für die S 75 zwischen Zoo und Nordbahnhof wird in den Wochenendnächten bis Hackescher Markt verlängert. Auch der S-9-Ersatzbus fährt dann von Schönefeld bis Hackescher Markt.

Forderungen von Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) nach Entschädigungen für alle S-Bahn-Kunden und Kioskbetreiber hat die Bahn zurückgewiesen. Wolf hatte angeregt, für eine bestimmte Zeit ein verbilligtes Angebot bei Einzelfahrscheinen zu machen. Auch kleine Läden an S-Bahn-Stationen, die wegen der Betriebseinschränkungen weniger Kunden und Umsatzeinbußen hätten, sollten Kompensation erhalten. »Das ist durch die S-Bahn verursacht worden. Und es ist nicht einzusehen, dass die Kioskbesitzer dafür gerade stehen müssen«, sagte der Senator. Die Bahn will lediglich Abonnenten von Zeitkarten und Jahreskarteninhabern den Preis für einen Monat zu erstatten. Mehr sei nicht drin, hieß es bei der Bahn, bereits diese Regelung werde sie 25 Millionen Euro kosten.

Die anhaltenden Einschränkungen des S-Bahn-Verkehrs führen inzwischen zu kräftigen Umsatzeinbußen bei Einzelhändlern. An Einkaufsstandorten, die stark von der S-Bahn-Anbindung abhängig sind, gebe es Umsatzrückgänge von 15 bis 20 Prozent, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands, Nils Busch-Petersen. Dort, wo kaum Ersatzverkehr greife, seien es teils sogar 40 Prozent. Betroffen seien etwa Geschäfte entlang des S-Bahn-Rings oder am Alex.

Der ReferentInnen-Rat (RefRat) der Humboldt-Universität kritisierte, dass die S-Bahn eine Ausweitung der Entschädigungen auf Nutzer des Semestertickets, des Sozialtickets und des Brandenburger Mobilitätstickets ablehnt. RefRat-Specher Tobias Florek sagte, dass damit die größte Gruppe der Nutzer von Zeitfahrkarten ausgeschlossen würde.

Das Bündnis »Allianz pro Schiene« hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) angesichts des S-Bahn-Notstands vor einer »überzogenen Sicherheitsphilosophie« gewarnt. »Durch die hohen Sicherheitsanforderungen werden Fahrgäste von Staats wegen aufs Auto oder das Motorrad abgedrängt«, sagte Vorstandsmitglied Karl-Peter Naumann, der auch Chef des Fahrgastverbands Pro Bahn ist. Dies seien aber unfallträchtigere Fortbewegungsmittel. Naumann beklagte, dass in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck erweckt werde, dass der Schienenverkehr extrem unsicher sei.

Senator Wolf forderte eine Kurskorrektur der S-Bahn. Sowie die technischen Probleme gelöst sind, müsse die Servicequalität verbessert werden. Dazu gehörten mehr Investitionen und dass man »nicht endlos an der Personalschraube drehen« könne. »Eine der wesentlichen Ursachen für das Desaster war, dass auch wegen der Perspektive eines Börsengangs aus dem Unternehmen möglichst viel Ergebnis rausgeholt und auf die Qualität gedrückt worden ist.« Zahlungen des S-Bahn-Vertrags seien für Verkehrsleistungen zu verwenden und dürften nicht an den Konzern durchgeleitet werden, so Wolf.

Der Notfahrplan soll mindestens bis 10. August gelten. Über Sperrungen und Ersatzverbindungen informiert seit gestern ein dreisprachiges Flugblatt.

vbb.kontur-bb.de/flyer.pdf
www.s-bahn-berlin.de

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