Für Althaus ein rotes Tuch

In seinem Wahlkreis steht der Ministerpräsident Johanna Scheringer-Wright gegenüber

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Kontrahent für Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ist auf Seiten der LINKEN zur Landtagswahl in Thüringen am 30. August der Spitzenkandidat Bodo Ramelow. Im Wahlkreis von Althaus allerdings, Altkreis Heiligenstadt, heißt die Gegnerin auf der Linken Johanna Scheringer-Wright, Agrarexpertin ihrer Landtagsfraktion.
Johanna Scheringer-Wright
Johanna Scheringer-Wright

Einen Schlagabtausch im Plenum hatten sich Althaus und Scheringer-Wright schon vor geraumer Zeit geliefert. Als der Ministerpräsident Aussagen aus einer Bertelsmann-Studie zitierte und nach Augenzeugenberichten das Papier »wie eine Bibel« in der Hand hielt, wollte die Parlamentarierin von ihm wissen, ob ihm klar sei, dass Bertelsmann viele kleine Verlage aus dem Markt wirft. Althaus konterte mit einem Seitenhieb auf die »kommunistische Vergangenheit« der Abgeordneten.

»Manche in der CDU sind LINKE-Hasser, die flippen auch im Plenarsaal unkontrolliert aus«, ist ihre Erfahrung nach fünfjähriger Parlamentsarbeit. Die 1963 Geborene steht zu ihrem Leben auch in der Vergangenheit. Dieses wurde vor allem von Familientraditionen geprägt. Ihr Großvater Richard Scheringer hatte Anfang der 30er Jahre mit seiner national-revolutionären Vergangenheit gebrochen und blieb bis zum Tode Kommunist. Da der durch die Ansiedlung von Flüchtlingen verkleinerte Bauernhof in Kösching (Bayern) nicht die große Familie ernähren konnte und KPD-Zugehörigkeit in den 50er Jahren vielen faktisches Berufsverbot brachte, ließen sich fünf Geschwister von Johannas Vater in der DDR nieder und engagierten sich beim LPG-Aufbau.

Als Jugendliche besuchte sie die Ost-Verwandtschaft in Erfurt, Leipzig, Magdeburg oder an der Ostsee. Onkel Konrad Scheringer saß schließlich als PDS-Agrarexperte seit den 90ern im Erfurter Landtag und war bei seinem Ausscheiden 2004 froh, dass sich mit seiner Nichte eine Persönlichkeit mit Fachverstand und Praxisbezug weiter um die Landwirtschaft kümmerte. Jetzt tritt sie wieder an, als Direktkandidatin und auf Platz 25 der Landesliste an.

Ab 1983 studierte sie in Witzenhausen (Hessen) nahe der DDR-Grenze Agrarwissenschaften. Ein Praktikum absolvierte sie auf einem Hof am Grenzzaun. Dass sie später wenige Kilometer östlich der Grenze zu Hause sein würde, konnte sie noch nicht ahnen. Nach Auslandsaufenthalten promovierte sie in Göttingen und ließ sich mit ihrem englischen Ehemann und dem 1995 geborenen Sohn auf der Suche nach einer Kindertagesstätte ohne Wartelisten in einem alten Bauernhof im ehemaligen DDR-Grenzdorf Hohengandern nieder. So wurde das katholische Eichsfeld zur neuen Heimat.

Was ist das spezifisch Linke an ihrer Landwirtschaftspolitik? Johanna Scheringer-Wright lehnt das herkömmliche System der Subventionen und Preisstützung als »überkommen« ab, warnt aber auch vor einer völligen Liberalisierung, denn viele Bauern merkten, dass sie Schiffbruch erlitten, wenn sie nur auf Markt setzten. »Mein Kriterium ist sozial und ökologisch«, so das Bekenntnis., der Politikerin, die In ihrem LINKE-Landesverband die Ökologische Plattform gegründet hat. Um ein weiteres Ausbluten des ländlichen Raums zu verhindern, schlägt sie offiziell festgesetzte Mindest-Erzeugerpreise vor: »Es gibt Bereiche, wo die Preise mit einer bestimmten Zielsetzung reguliert werden müssen.« So sei für Milch ein unterster Erzeugerpreis zwischen 35 und 40 Cent nötig, »damit die Milch erzeugenden Betriebe nicht auf Dauer Miese machen und existenzbedroht sind«.

Zudem habe nicht nur der ökologische Landbau als Nische eine Zukunft, sondern solle die gesamte Landwirtschaft ökologischer werden. Da habe sich einiges bewegt. Ein von ihr 2008 im Landtag eingebrachter Antrag gegen gentechnisch manipulierten Mais wurde von der CDU und vielen SPD-Leuten abgelehnt. »Inzwischen hat sogar die CSU-Bundesagrarministerin diese Idee aufgegriffen. Damit gibt es in Thüringen dieses Jahr überhaupt keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen«, freut sich Scheringer-Wright.

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