Kaum Verluste bei Vorsorge

Junge und Reiche erleiden aber durch die Finanzkrise Einbußen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die private Altersvorsorge in Deutschland wurde durch die Finanzkrise nur am Rande getroffen. Die gefühlten Verluste aber übersteigen die tatsächlichen Einbußen um ein Vielfaches. Dies zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).

Viele Bundesbürger jeden Alters machen sich angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Sorgen um ihre Rente. Die setzt sich üblicherweise aus der gesetzlichen Rente, einer Betriebsrente und der privaten Altersvorsorge zusammen. Gerade letztere ist anfällig für Kursverluste an den Börsen und kriselnde Märkte. So vermutet jeder fünfte Befragte, dass er durch die Wirtschafts- und Finanzkrise einen Verlust von über 50 Prozent erlitten habe. Durchschnittlich schätzen die Deutschen ihre Einbußen auf mehr als 20 Prozent. »Dies hält jedoch der Realität nicht stand«, beruhigt Professor Bernd Raffelhüschen, der die Studie »Finanzkrise und Altersvorsorge« im Auftrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) in Köln durchführte. »Es zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit der Haushalte nominal weniger als drei Prozent ihrer gesamten Altersvorsorge verloren hat.«

Damit trifft die Krise die Altersvorsorge in Deutschland weit weniger stark als befürchtet. Je nach Wirtschaftsentwicklung erwartet das Institut zukünftig einen durchschnittlichen Verlust auf das gesamte Altersvermögen zwischen drei und sieben Prozent. Der Freiburger Finanzwissenschaftler Raffelhüschen betonte aber auch, dass vor allem Haushalte mit hohen Aktiendepots deutlich höhere Einbußen zu verzeichnen hätten. Allerdings seien diese Haushalte »entweder sehr jung, sehr reich oder beides«.

Für die allermeisten angehenden Rentner und Pensionäre gibt die Studie dagegen Entwarnung: »Die aktuellen Ängste und Sorgen wegen der Finanzmarktkrise um die materielle Absicherung im Rentenalter sind zurzeit in den allermeisten Fällen unberechtigt«, so das tröstliche Fazit von DIA-Sprecher Bernd Katzenstein.

Der große Renten-Crash blieb also aus. Als Grund nennen Experten das insgesamt solide deutsche, öffentliche Rentensystem und die traditionelle Abneigung vieler Bundesbürger gegenüber riskanten Geldanlagen. Trotz erheblicher finanzieller Anreize durch die letzten beiden Bundesregierungen – etwa beim vermögenswirksamen Sparen – und durch die Reklame der Finanzdienstleister für das britische und amerikanische Beispiel hat sich daran nichts geändert. So fristen beispielsweise die hochriskanten Hedge-Fonds in Deutschland weiterhin ein Schattendasein. Schon lange vor dem Beginn der Finanzkrise im Sommer 2007 halbierte sich bei den Kleinanlegern die Aktienquote.

Insgesamt verloren deutsche Haushalte in der Finanzkrise Geldvermögen von etwa 260 Milliarden Euro, gleichzeitig bauten sie Sparguthaben und sonstige Anlagen für 120 Milliarden Euro auf. Unterm Strich gab es also einen Verlust von 140 Milliarden Euro. Das meiste davon sind allerdings virtuelle Defizite an der Börse. Laut Bundesbank verfügte Ende 2008 jeder deutsche Haushalt – statistisch gesehen – über durchschnittlich 111 000 Euro Geldvermögen.

Größere Gefahr als von der Finanzkrise geht für die Rente von der Konjunktur aus. Steige die Arbeitslosigkeit und gelinge es nicht, diese nach kurzer Zeit wieder abzusenken, entsteht für die betroffenen Haushalte ein wachsendes Alterssicherungsproblem, warnt das Kölner Institut. »Darüber«, so Sprecher Katzenstein, »muss man sich eher Sorgen machen«.

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