Drei Litzen, vier Drähte

Ob Fahrstühle, Seilbahnen oder Kräne – nichts davon würde ohne das Drahtseil funktionieren. Erfunden hat es vor 175 Jahren Oberbergrat Wilhelm August Julius Albert in der damaligen Bergbau-Stadt Clausthal im Harz.

Bevor es Drahtseile gab, mussten die Bergleute das Erz mit Hanfseilen oder Eisenketten aus den Gruben ans Tageslicht befördern. In größerer Tiefe stießen diese Methoden jedoch an ihre Grenze. Immer wieder brachen Ketten oder rissen Seile, es kam zu Unglücken. Gemeinsam mit dem Bergschmied Heinrich August Mummenthey gelang Albert nach vielen Versuchen, Berechnungen und Experimenten die Produktion des ersten Drahtseils. Aus drei Litzen zu je vier Drähten drehte er ein Seil, das sechsmal mehr als das Hanfseil tragen konnte und viermal mehr als die Kette. Erstmals erfolgreich zum Einsatz kam das Drahtseil in den letzten Julitagen 1834 in der Clausthaler Grube Caroline.

Albert stammte aus Hannover und war studierter Rechtswissenschaftler. Nachdem er 1806 den Oberharz besucht und den Bergbau kennen gelernt hatte, wechselte er die Branche. Der Titel Bergrat wurde eigens für Albert geschaffen, da er auf Grund seiner bürgerlichen Herkunft kein Berghauptmann werden konnte. 1846 starb Albert im Alter von 59 Jahren, er wurde in einem kleinen Mausoleum auf dem Alten Friedhof in Clausthal beigesetzt.

Mummenthey schilderte später das gewaltige Arbeitspensum des Oberbergrats. Albert sei um 4 Uhr morgens aufgestanden, nach einer halben Stunde Mittag durch die verschiedenen Bergbaureviere geritten, danach habe er bis 10 Uhr abends gearbeitet und gern »stark gegessen« – seine Leibspeise seien Bohnen mit Speck und warme Buchweizenkuchen gewesen.

»Die Erfindung des Drahteils trat ihren Siegeszug von Clausthal in die Welt an und steht wie keine zweite für die Innovationskraft des Oberharzer Bergbaus«, sagt Clausthals Universitätspräsident Professor Thomas Hanschke. Bürgermeister Peter Dietz ergänzt: »Was für die Mediziner Robert Koch, das ist für die Ingenieure Bergrat Albert«. Am 19. September will die Bergstadt ihren Ex-Bürger Albert ehren – mit einem Denkmal und einem Drahtseilfest. Ein Modell des ersten Drahtseils der Welt ist bereits im Oberharzer Bergwerkmuseum in Zellerfeld zu sehen.