Zwei Königinnen in einem Team

Die Italienerinnen Filippi und Pellegrini buhlen um die Gunst der Römer

  • Tom Mustroph, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

In der gleichen Mannschaft, doch nie gleichzeitig im Becken – Italiens Schwimmsport hat zwei Königinnen. Bei einer tobt das ganze Stadion, bei der anderen gerät nur die Curva Sud außer Rand und Band. »Komm unter die Kurve«, brüllt ein Häuflein Fans nach dem Vorlauf über 800 m Alessia Filippi zu. Die 22-jährige Römerin lacht vergnügt. Sie stammt aus einem eher armen Viertel der Hauptstadt und ist wie die Männer, die nach ihr rufen, Fan der Fußballer des AS Rom.

»Es ist das Schönste im Leben eines Athleten, zu Hause zu gewinnen«, hatte Filippi nach ihrem WM-Titel über die 1500 m Freistildistanz gesagt. Aber als sie sich in ihrem Triumph sonnte, stahl ihr Federica Pellegrini aber bereits die Schau. Die ein Jahr Jüngere schwamm am gleichen Abend im Halbfinale über 200 m Freistil Weltrekord und durchstieß als erste Frau die Schallmauer von 1:54 Minuten. Sie dominierte auch das Finale und gewann zudem über die doppelt so lange Strecke.

Federica Pellegrini ist die Göttin der WM. Sie ist bereits Olympiasiegerin. Zehn Weltrekorde hat sie erzielt. Von sich selbst behauptet sie deswegen, die »beste italienische Sportlerin überhaupt« zu sein. Dem nicht gerade schüchternen Alberto Tomba blieb der Mund offen stehen bei dieser Nachricht. Er sagte: »Sie muss erst einmal drei Olympiasiege holen wie die Ski-Alpine Deborah Compagnoni«. Tomba erteilte ihr aber auch Absolution: »Wer so deutlich gewinnt wie sie, darf alles sagen.«

Der blonden Schönheit aus Venedig ist ganz Italien erlegen. Sie hat sich phänomenal vermarktet. Sie tritt als Model bei Modenschauen auf und posiert oben ohne für Hochglanzmagazine. Mit Schwimmer Luca Marin, der vorher mit ihrer härtesten Konkurrentin, der Französin Laure Manadou, zusammen war, bildet sie das Traumpaar des internationalen Schwimmsports. Als Pellegrini in Rom gewann, griff Silvio Berlusconi prompt zum Telefon und gratulierte. Bei Alessia Filippi ließ der Ministerpräsident dies bleiben. Filippi gilt als links.

Obwohl Filippi wie Pellegrini den gleichen Sport betreiben, sieht man sie nur selten im gleichen Becken. Beim Vorlauf der 4 x 200 m Staffel schwamm Filippi sich im Nebenbecken noch aus. Pellegrini rettete mit letztem Einsatz die Finalteilnahme und stauchte ihre Kolleginnen danach zusammen. Im Staffelfinale war Filippi mit von der Partie. Sportliche Heldin war jedoch erneut Pellegrini. Vom achten Platz brachte die Schlussschwimmerin ihre Staffel noch auf Platz vier. Die drei anderen heulten, ob ihrer schlechten Leistung. Pellegrini stieg aus dem Wasser, legte eine Hand an die Brust, die andere reckte sie den Zuschauern entgegen. Sie war die Cäsarin.

Auf den Start über 800 m verzichtete Pellegrini gestern. »Sie geht shoppen«, hieß es bei der italienischen Mannschaft. Filippi hat nun die Chance, an WM-Titeln gleichzuziehen. Gelingt es ihr nicht, hat sie immerhin zu Hause gewonnen. Mal sehen, wie lange die Herrschaft zweier Königinnen in einem Land noch gut geht.

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