Kraft in kleinen Scheiben

Vor 350 Jahren entdeckte Jan Swammerdam die roten Blutkörperchen

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.
Schon bei Goethe heißt es: »Blut ist ein ganz besonderer Saft.« Denn Blut transportiert, wie wir heute wissen, den lebensnotwendigen Sauerstoff. Verantwortlich dafür sind die roten Blutkörperchen, die vor 350 Jahren zum ersten Mal beschrieben wurden.

Könige und Fürsten rühmten sich früher gern, blaues Blut zu besitzen. Ein Irrtum. Bei allen Menschen ist das Blut rot. Und das hat chemische Gründe: Im Blut, genauer gesagt in den roten Blutkörperchen, findet sich der Eiweißstoff Hämoglobin. Dieser wiederum enthält Eisen, das in bestimmter Zusammensetzung die Eigenschaft hat, rotes Licht zu reflektieren. Dadurch bekommt Blut eine rote Farbe.

Mit bloßem Auge sind die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) freilich nicht zu erkennen, denn ihr Durchmesser beträgt nur 7,5 tausendstel Millimeter. Sie wurden deshalb erst nach der Erfindung des Mikroskops entdeckt – 1658/59 von dem niederländischen Arzt und Naturforscher Jan Swammerdam, der auch als Begründer der Präformationslehre gilt. Und damit der Auffassung, dass unser Organismus bereits in der Eizelle in Miniaturform vorgebildet sei.

Beim Menschen sind die roten Blutkörperchen scheibenförmig und in der Mitte von beiden Seiten leicht eingedellt. Sie nehmen in den Lungenkapillaren Sauerstoff auf und transportieren diesen über den arteriellen Kreislauf in die Gewebe und Organe. Dort binden sie einen Teil des frei gewordenen Kohlendioxids, den sie auf dem »Rückweg« an die Lungenbläschen abgeben. Erythrozyten kommen sehr zahlreich im Blut vor. Ein gesunder Mensch besitzt davon etwa 25 Billionen, die im roten Knochenmark gebildet und hauptsächlich in der Milz wieder abgebaut werden. Denn die durchschnittliche Lebensdauer eines roten Blutkörperchens beträgt nur 120 Tage.

Ist die Zahl der Erythrozyten vermindert, spricht man von Blutarmut oder Anämie. In Europa wird diese Erkrankung zumeist durch Eisenmangel hervorgerufen, der sich durch eine ausgewogene Ernährung leicht beheben lässt. Nahrungsmittel, die viel Eisen enthalten, sind Schweineleber, Kalbsleber, Hülsenfrüchte, Nüsse. Auch Spinat ist sehr eisenreich, allerdings nur, wenn er in getrockneter Form vorliegt. Frischer Spinat zählt dagegen zu den eher mittelmäßigen Eisenlieferanten.

An der Produktion der roten Blutkörperchen ist auch das in den Nieren gebildete Hormon Erythropoetin (EPO) beteiligt. Zum Einsatz kommt es in Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt des Blutes. Fällt dieser zu stark ab, wie es zum Beispiel im Hochgebirge häufig geschieht, schütten die Nieren vermehrt EPO aus, um das entstandene Defizit durch eine verstärkte Neubildung von roten Blutkörperchen auszugleichen.

1983 ist es Forschern erstmals gelungen, EPO synthetisch herzustellen. Damit begann zugleich eine neue Ära des Dopings. Denn mehr EPO im Blut bedeutet mehr Sauerstoff für die Muskelzellen. Nach neueren Schätzungen sind weltweit etwa 500 000 Menschen versucht, auf diese Weise ihre sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei ist EPO-Doping nicht ungefährlich. Zu viele rote Blutkörperchen führen zu einer Verdickung des Blutes und schlimmstenfalls dazu, dass ein Gerinnsel entsteht. Experten vermuten, dass ein Großteil der rätselhaften Todesfälle im Profisport auf EPO-Doping zurückgeht.

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