Paris setzt auf Gespräche

Neuer NATO-Chef dagegen für Kriegsforcierung in Afghanistan

  • Lesedauer: 3 Min.
Für einen Frieden in Afghanistan braucht es nach Einschätzung Frankreichs weitere Gespräche mit den Taliban. Dagegen fordert der neue NATO-Generalsekretär »entschlossenen Einsatz«.

Paris/Brüssel (AFP/ND). »Natürlich müssen wir mit den Taliban verhandeln«, sagte der französische Außenminister Bernard Kouchner der Tageszeitung »Le Figaro« vom Montag. »Jedenfalls mit denjenigen, die bereit sind, ihre Waffen niederzulegen und zu reden.« Bisweilen werde versucht, auf örtlicher Ebene mit den Taliban in Kontakt zu treten, »aus militärischen oder organisatorischen Gründen«. Die westlichen Verbündeten müssten ihre Haltung aber abstimmen, mahnte Kouchner. »Das ist ein Einsatz der Vereinten Nationen, das darf man nicht vergessen.« Nichts wäre schlimmer, als wenn jeder für sich verhandele, warnte der Minister.

Bislang seien mit Unterstützung der afghanischen Regierung nur einmal Verhandlungen versucht worden. Die Gespräche in Saudi-Arabien waren aber nicht erfolgreich. »Es gibt zwei Arten von Taliban«, sagte Kouchner – »diejenigen, die in eine rechtmäßige Regierung eingebunden werden könnten« und »die Anhänger eines weltweiten heiligen Krieges«, die nicht an Verhandlungen interessiert seien.

»Wir werden einen Frieden nicht aufzwingen«, sagte der französische Chefdiplomat. »Aber wir können die Bedingungen schaffen, damit es gelingt.« Dazu müsse man aber mit der Bevölkerung »in Berührung« sein. »Wir wollen Frieden mit den Afghanen, ich würde sogar sagen, unter Leitung der Afghanen, schaffen.« Am Wochenende war erneut ein französischer Soldat in Afghanistan ums Leben gekommen.

Der neue NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die Militärallianz zu einem entschlossenen Vorgehen in Afghanistan aufgefordert. Die NATO werde das afghanische Volk solange wie nötig unterstützen, sagte der frühere dänische Regierungschef am Montag bei seiner ersten Pressekonferenz als NATO-Generalsekretär in Brüssel.

Die Truppen müssten verhindern, dass Afghanistan wieder zu einer Plattform für den internationalen Terrorismus werde. Langfristig müsse die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan jedoch an die Afghanen übergeben werden, forderte Rasmussen. In großen Teilen des Landes solle dies schon während seiner Amtszeit geschehen.

Der Afghanistan-Einsatz mit rund 65 000 NATO-Soldaten ist die größte Herausforderung für den 56-Jährigen, der am Sonnabend die Nachfolge von Jaap de Hoop Scheffer als Generalsekretär des Militärpakts angetreten hatte. Die Bundeswehr ist mit mehr als 4000 Soldaten drittgrößte Truppenstellerin am Hindukusch.

Bei einem Anschlag in der afghanischen Stadt Herat sind nach Polizeiangaben mindestens zwölf Menschen getötet worden. Weitere 20 Menschen wurden verletzt, als sich am Montag im Zentrum der Stadt im morgendlichen Berufsverkehr eine Explosion ereignete. Nach Angaben des Polizeichefs der Provinz Herat, Esmatullah Alisai, detonierte eine in einem Mülleimer versteckte Bombe am Straßenrand, als ein Polizeikonvoi vorbeifuhr. Zwei der Toten seien Polizisten. Nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP waren am Ort des Anschlags mehrere stark beschädigte Polizeifahrzeuge und private Taxis zu sehen. Kinderschuhe und ein Schleier hätten verstreut auf dem Boden gelegen. Nach der heftigen Explosion seien vereinzelt Schüsse der Polizei zu hören gewesen. Bis zum Abend bekannte sich niemand als Urheber der Explosion.

In Afghanistan finden in drei Wochen Präsidentschaftswahlen statt. In Befürchtung verstärkter Anschläge und Angriffe der aufständischen Taliban sind zusätzliche Soldaten in das Land am Hindukusch entsandt worden.

Wegen seiner Flucht vor einem bevorstehenden Einsatz in Afghanistan muss sich ein britischer Soldat vor einem Militärgericht verantworten. Der 27-jährige Joe Glenton erschien am Montag in einer Armeeuniform zu seiner ersten Anhörung in Bulford Camp bei Salisbury im Südwesten Englands. Das Gericht vertagte die Verhandlung. Nach Angaben seines Anwalts will sich der Obergefreite nicht schuldig bekennen.

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