Mehr Demokratie

Linke Anforderungen an das Begleitgesetz

  • Alexander Ulrich
  • Lesedauer: 2 Min.
Alexander Ulrich ist Bundestagsabgeordneter der LINKEN und Obmann im Europa-Ausschuss.
Alexander Ulrich ist Bundestagsabgeordneter der LINKEN und Obmann im Europa-Ausschuss.

Das Bundesverfassungsgericht verlangt mehr Demokratie in der Europapolitik. Eine öffentliche Debatte ist notwendig. Statt den Vertrag hastig zu ratifizieren, nur um die souveräne Entscheidung der irischen Bevölkerung zu beeinflussen, muss der Bundestag sauber arbeiten.

Die EU hat ein Demokratiedefizit, das haben die Karlsruher Richter in ihrer Entscheidung vom 30. Juni bestätigt. Das EU-Parlament kann keine Gesetze vorschlagen und ist daher weitgehend von der Kommission abhängig. So blieb die EU-Kommission trotz Appellen von EU-Parlamentariern bei der Regulierung der Finanzmärkte untätig. Der Bundestag kann bislang angesichts kurzer Beratungsfristen und des Verweises der Regierung auf internationale Kompromisse kaum in die europäische Gesetzgebung eingreifen. Das höchste Gericht hat zudem den Parlamentsvorbehalt bei Militäreinsätzen bestätigt. Die Regierung kann keine Militärmission ohne vorherige Zustimmung des Bundestages billigen. Die Bundesregierung sollte daher nicht nur die Ratifikationsurkunde zum Vertrag von Lissabon nach Rom schicken, sondern eine Erklärung, die die Gültigkeit des Vertrags nach Maßgabe des Urteils beschränkt.

Das Verfassungsgericht fordert bei Veränderung der rechtlichen Grundlagen der EU zukünftig Volksabstimmungen. Dies ist keine Absage an Europa. Das Volk kann die Entscheidung treffen, staatliche Souveränität schrittweise auf die EU zu übertragen. Aber nicht durch die Hintertür und ohne demokratische Gewaltenteilung.

Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz muss zudem geändert werden. Das Gericht sollte europäische Rechtsakte und Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auf die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz prüfen. EuGH-Urteile, die etwa die Menschenwürde gegen die Freiheit des Binnenmarktes abwägen, das Streikrecht von Gewerkschaften einschränken und polnischen Arbeitnehmern auf deutschen Baustellen höchstens Mindestlöhne zugestehen, wären eventuell unwirksam.

Das Parlament sollte zudem zukünftig die Verhandlungslinie der Bundesregierung in Brüssel bestimmen. Dies ist etwa in Finnland Praxis, ohne erkennbaren Nachteil für die internationale Handlungsfähigkeit der finnischen Regierung.

Ein hoher Regierungsbeamter äußerte sich kürzlich via ZEIT zur Aufgabe des Deutschen Bundestags in der Europapolitik: »Macht viel Arbeit. Will alles wissen. Spielt aber in der täglichen Politik keine Rolle!« Sollte sich dies ändern, ist dies auch ein Erfolg der LINKEN und ihrer Verfassungsklage. Nur eines ist sicher: DIE LINKE sagt Nein zum Vertrag von Lissabon.

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