Schönbohm lässt die Finger von Waffendeals

Ausgediente Polizeiausrüstungsgegenstände werden entsorgt, versteigert oder umgewidmet

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Wohin mit den nicht mehr benötigten Waffen der Polizei? Das Land Brandenburg will nicht den Weg anderer Bundesländer gehen, welche die ausrangierten Polizeiwaffen verkaufen. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) teilte auf Anfrage des Abgeordneten Peer Jürgens (LINKE) mit, dass keine Waffenverkäufe geplant seien. Damit entfiel auch die Antwort auf die Frage von Jürgens: »Wie bewertet es die Landesregierung, dass sie damit zum internationalen Waffenhandel beiträgt?«

Anlass für die Anfrage des Linkspartei-Abgeordneten waren Pressemitteilungen, wonach andere Bundesländer älteres Equipment der Polizei veräußern. In Brandenburg werden dagegen jedoch Waffen, die nicht als Dienstwaffen verwendbar sind, ausgesondert und umgearbeitet, sagte Schönbohm. Dadurch würden »Farbmarkierungswaffen« entstehen, ferner Schnittmodelle, Ausbildungsgeräte und Anschauungsstücke. Ausgesonderte Waffen, die keine derartige Verwendung finden, würden »unbrauchbar gemacht und durch kontrolliertes Einschmelzen vernichtet«.

Hauptgründe für das Aussondern von Ausrüstungsgegenständen der Polizei sind laut Schönbohm Materialverschleiß, Unwirtschaftlichkeit oder Unzweckmäßigkeit. Die Haushaltsordnung sieht vor, dass Ausrüstungsgegenstände durch den Zentraldienst der Polizei öffentlich versteigert werden müssen, wenn es nicht um Waffen geht.

Das betrifft beispielsweise Dienstfahrzeuge oder Boote der Wasserschutzpolizei. Reizsprühstoffe und Schutzschilde, die ausgemustert wurden, müssen dagegen ebenfalls zerstört und entsorgt werden. Der Umgang mit Waffen warf immer mal wieder Fragen auf. Kurz nachdem Jörg Schönbohm Innenminister geworden war, erließ er die Anweisung, dass bei Autokontrollen ein Polizist die Hand an der Waffe halten sollte. Das hat sich in der Praxis allerdings nicht durchgesetzt. Ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt indes, dass die Frage des Waffeneinsatzes in Brandenburg keinesfalls eine theoretische ist: Seit der Wende wurden im Bundesland durch die Polizei knapp ein Dutzend Menschen erschossen.

Das Waffentraining für Polizeischüler ist am neuen Standort in Oranienburg im Übrigen dadurch eingeschränkt, dass die Schule sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen befindet. Weil Schüsse nicht zu hören sein sollen, findet die Schießausbildung der Polizeianwärter deshalb in einem akustisch abgedichteten Keller unter der Sporthalle statt. Auch Startschüsse für Laufwettkämpfe darf es neben der Gedenkstätte für die Opfer des Konzentrationslagers nicht geben, weil die historischen Bezüge berücksichtigt und »ein akustisch und visuell ungestörtes stilles Gedenken ermöglicht« werden soll. Mit dem Stiftungsrat hat man sich laut Ministeriums-Pressestelle so geeinigt, dass der Sportplatz der Schule rund 100 Meter vom Gedenkstättengelände entfernt angelegt worden ist.

Wie Waffen im großen Stil aus öffentlicher in private Hände gelangen konnten, zeigte ein Beispiel nach der Wende: Dabei war aber nicht die Polizei, sondern die Bundeswehr in Brandenburg betroffen. Unbekannte drangen Anfang der 90er Jahre eines Nachts in eine Kaserne bei Potsdam ein und raubten den Waffenbestand einer gesamten Kompanie. Sie wurden nie gefasst.

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