nd-aktuell.de / 06.08.2009 / Kultur / Seite 10

Trauerspiel

Aitmatows Erbe

Gut ein Jahr nach dem Tod Tschingis Aitmatows tut sich seine Heimat Kirgistan schwer mit dem Erbe. Zwar versprach die Regierung in Bischkek damals, den Schriftsteller, der zwischen Europa und Asien Brücken baute, gebührend zu ehren. Doch kein Grabstein, kein Namenszug weist in der nationalen Gedenkstätte Ata Beit – in den Bergen unweit der Hauptstadt – darauf hin, dass hier der weltweit bekannte Autor der Liebesgeschichte »Dshamila« ruht.

Die Regierung des autoritären Präsidenten Kurmanbek Bakijew haderte zuletzt mit dem politisch oft unbequemen Schriftsteller.  »Es ist ein Trauerspiel«, sagt Aitmatows jüngster Sohn Eldar (25). Mit seinem als kirgisischer Botschafter beschäftigten Vater hatte er lange in den Beneluxstaaten gelebt. Vor seinem Tod setzte Aitmatow, der im Juni 2008 79-jährig in Nürnberg starb, Eldar als Alleinerben ein. »Seither kämpfen meine Schwester, meine Mutter und ich darum, das Andenken an ihn wachzuhalten.« An der Manas-Universität, präsentierte Eldar, Absolvent der Kunstakademie in Brüssel, die Internationale Aitmatow-Stiftung.

Als Stiftungspräsident beklagt er, dass der Bau eines Aitmatow-Museums samt Archiv, aber auch die versprochene Umbenennung der Tschuj-Hauptstraße in Bischkek auf sich warten lassen. Immer wieder mischten sich Behörden in den Architektenwettbewerb für das Museum oder auch die Ausschreibung für das Denkmal am Grab Aitmatows ein.

Unterstützung für die Stiftung kommt bereits aus der Schweiz. Eldar Aitmatow hofft, künftig auch aus Deutschland Hilfe zu erhalten. Geplant sind Interviews mit Zeitzeugen, damit eine umfassende Biografie über Aitmatow entstehen kann. Zudem will er in den nächsten Jahren den aus Brüssel überführten Nachlass sichten. »Da sind sicher noch einige Überraschungen und Veröffentlichungen unbekannter Arbeiten zu erwarten«, sagt er. Allerdings merkt er als Inhaber aller Autorenrechte an, dass Aitmatows in 150 Sprachen übersetzte Werke in vielen Ländern ohne Lizenzen als Raubkopien veröffentlicht würden.  Und dann ist da auch ein Streit in der Familie um das Erbe. »Klar, dass jeder seinen Anteil haben will«, sagt Eldar. Die Bewahrung des Andenkens an seinen Vater wird für ihn »Lebensaufgabe« sein. dpa/ND