nd-aktuell.de / 06.08.2009 / Politik / Seite 7

Marokko verbietet Umfrage zu »M6«

Pressefreiheit endet beim Thema König

Ralf Klingsieck, Paris
Trotz Fortschritten steht es in Marokko um die Pressefreiheit schlecht. Gerade hat Marokkos König Mohammed VI. – »M6«, wie ihn das Volk nennt – die Veröffentlichung einer Meinungsumfrage zur Bilanz seines zehnjährigen Thronjubiläums verboten.

Zum zehnjährigen Thronjubiläum des marokkanischen Königs Mohammed VI. (Foto: dpa) hatten »TelQuel«, das größte Nachrichtenmagazin des Landes, und sein arabischsprachiges Schwesterorgan »Nichane« eine Umfrage über die Meinung in der Bevölkerung zur Bilanz des Herrschers durchgeführt. Doch die Ausgaben der beiden unabhängigen politischen Wochenzeitungen wurden auf Weisung von Innenminister Chakib Benmoussa verboten. Die insgesamt mehr als 100 000 Exemplare wurden in der Druckerei von der Polizei beschlagnahmt und anschließend vernichtet. Als ein Tag später die französische Zeitung »Le Monde«, die sich an der Umfrage beteiligt hatte, ihrerseits die Ergebnisse veröffentlichte, durfte sie in Marokko nicht verbreitet werden, was den scharfen Protest der französischen Botschaft in Rabat gegenüber der marokkanischen Regierung auslöste.

Zur Begründung erklärte ein Regierungssprecher: »Die Monarchie hat keiner Wertung ausgesetzt zu werden, auch nicht in Form einer Meinungsumfrage.« Es wird auf die Verfassung verwiesen, der zufolge der König »heilig« ist. In einem Kommentar schreibt »Le Monde« dazu: »Zum Jubiläum hat das marokkanische Regime eine selbstherrliche, unverständliche und schlichtweg absurde Entscheidung getroffen.« Dies sei umso fragwürdiger, als die Umfrageergebnisse dem König eine überwältigende Popularität bescheinigen. Das Vorgehen zeige, dass Marokko vom verkündeten Ziel der Demokratie noch weit entfernt sei und nach wie vor Willkür vorherrsche. »Kein Gesetz des Landes verbietet Meinungsumfragen, und auch die Beschlagnahme von Zeitungen ohne Entscheidung eines Gerichts ist rechtswidrig.«

Aus den von »Le Monde« veröffentlichten Umfrageergebnissen geht hervor, dass 91 Prozent der Bevölkerung mit der Bilanz Mohammeds VI. zufrieden sind. Nur sechs Prozent sehen sie »eher negativ« und zwei Prozent »sehr negativ«. 49 Prozent charakterisieren Marokko als eine »demokratische Monarchie« und 33 Prozent als »autoritäre Monarchie«, während sich 18 Prozent dazu nicht äußern wollten. Mittels seiner Holdinggesellschaften ist der König der größte Privatunternehmer des Landes. Das bewerten 69 Prozent der Befragten als gut, »weil es die Wirtschaft insgesamt voran bringt«.

Bei der Frage, ob sich in den zurückliegenden zehn Jahren die Lage der Armen in Marokko verändert hat, fielen die Antworten hingegen nicht so günstig aus. 37 Prozent antworteten, dass sie sich verbessert hat, 37 Prozent sehen keine Veränderung und 24 Prozent finden, sie habe sich verschlechtert. Zum neuen Familienrecht, das die Rolle der Frau aufgewertet hat, meinen 49 Prozent: »Es gibt den Frauen zu viele Rechte«, während 16 Prozent der Meinung sind, es müsse sich »noch weiter entwickeln« und die Frauen weiter stärken.