Linke Schnittmengen in der Bildungspolitik

Heute: Bildungspolitik / Wahlthemen: Studiengebühren, Ganztagsbetreuung, Lernmittelfreiheit

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl der Bund in der Bildungspolitik wenig zu entscheiden hat, machen die Parteien sie mehr den je zum Thema des Bundestagswahlkampfes.
Wenn am 27. September ein neuer Bundestag gewählt wird, stehen nicht nur Parteien und Personen zur Wahl, sondern vor allem Projekte, die unser Leben beeinflussen könnten. ND durchforstet einmal wöchentlich die Wahlprogramme der Parteien.
Wenn am 27. September ein neuer Bundestag gewählt wird, stehen nicht nur Parteien und Personen zur Wahl, sondern vor allem Projekte, die unser Leben beeinflussen könnten. ND durchforstet einmal wöchentlich die Wahlprogramme der Parteien.

Schule und Kita sind seit je her Ländersachen. In den letzten Jahren musste sich der Bund auch weiter aus der Hochschulpolitik zurückziehen. Und im Grundgesetz wurde auf Druck der Union ein »Kooperationsverbot« verankert, das direkte Finanzhilfen des Bundes für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur in den Länder und Kommunen verhindert.

Trotzdem tun CDU/CSU und FDP jetzt so, als ob sie eine gesamtnationale Bildungspolitik im Programm hätten. Beide stimmen in der Forderung überein, dass ca. zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und Forschung ausgegeben werden sollen. Die FDP will das bis nächstes Jahr erreichen, die Union bis 2015.

Auch wenn an diesem Punkt alle Programme, auch das der LINKEN, das Gleiche sagen, wird allerdings nicht dasselbe gemeint. Die Linkspartei spricht ganz klar von öffentlichen Ausgaben, die FDP macht klar, dass dies auch mit Studiengebühren erreichen will. Die FDP wirbt offensiv für eine forcierte Privatisierung des Bildungswesens, einschließlich der Überführung staatlicher in private Hochschulen.

Union und die FDP möchten das Hochschulrahmengesetz ganz abschaffen. Die Union will in allen Bundesländern ein Pflichtfach Religion durchsetzen. Zum Thema Kita hat das Unionsprogramm dagegen fast nichts zu sagen. Die FDP will hier Bildungsgutscheine, mit denen man das Kind in die Kita oder zu anderen Betreuungsangeboten schicken kann.

Dagegen präsentieren die Programme der SPD, der LINKEN und der Grünen einen linken und substanziell übereinstimmenden Foderungskatalog. Alle drei Parteien wollen einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung. SPD und Linkspartei versprechen die Abschaffung der Kitagebühren. Auch in der Schulpolitik und der Hochschulpolitik gibt es eine Reihe von programmatischen Schnittmengen Die SPD will das gegliederte Schulwesen überwinden. Die LINKE wird konkreter und sagt wie – mit der Einführung der Gemeinschaftsschule als Regelschule bis zur 10.Klasse. Die Grünen wollen, dass alle Kinder bis zur 9.Klasse gemeinsam lernen und sprechen sich für eine Reform des Gymnasiums aus. Die LINKE will kostenlose Schulbücher durchsetzen. Die Grünen wollen die Lernmittelfreiheit zunächst für einkommensschwache Familien, perspektivisch für alle durchsetzen. LINKE und SPD setzen weiterhin auf den verstärkten Ausbau der Ganztagsschulen. Außerdem stimmen sie darin überein, dass der Hochschulzugang bundeseinheitlich per Gesetz geregelt werden soll.

Bundeseinheitliche Standards sollen auch bei der Aus- und Weiterbildung der Lehrer und Kita-Erzieherinnen gestärkt werden, wenn es nach den drei Parteien ginge. LINKE und Grüne sprechen sich unmissverständlich gegen Studiengebühren aus, die SPD will ein »gebührenfreies Erststudium«. LINKE und Grüne wollen zudem so etwas wie einen gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten. Praktika sollen mit mindestens 300 Euro monatlich vergütet werden. Darüber hinaus will die LINKE mit einer Ausbildungsplatzumlage Firmenzur Kasse bitten, die keine Lehrstellen zur Verfügung stellen.

Der Umgang mit dem Bachelor/Master-System in der Hochschulbildung bleibt unzweifelhaft einer der programmatischen Bruchpunkte zwischen den drei Parteien. LINKE und Grüne kritisieren die bestehenden Zugangshürden zu den beruflich weiterführenden Master-Studiengängen. Studentenorganisationen und Bildungsexperten haben hier immer wieder darauf hingewiesen, dass ein großer Teil der Studenten keine Chance auf einen Masterabschluss erhält.

Dass dieses Maß an politischer Übereinstimmung in Sach- aber auch in Grundsatzfragen nach den Bundestagswahlen zum Tragen kommt, haben SPD und Grüne indessen klar ausgeschlossen. Sie meinen, dass ihnen die Wähler abnehmen, dass sie das gegliederte Schulsystem und die Studiengebühren mit der FDP überwinden können.

Insofern ist das ausgesprochen linke Profil der Wahlprogramme von SPD und Grünen auch Ausdruck einer bizarren Misere. Die Abgrenzungs- und Ausgrenzungspolitik der SPD und der Grünen gegenüber der LINKEN ist in der Bildungspolitik damit auch ein Kampf gegen die Durchsetzung des eigenen Programms und gegen die Interessen der eigenen Wähler.

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