Bleibt der Ausschuss Ausschuss?

LINKE und Grüne fordern zweites BND-Untersuchungsforum / FDP winkt ab

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Kaum hatte der erste, der sogenannte BND-Untersuchungsausschuss, seine Arbeit beende, entschied das Bundesverfassungsgericht am 17. Juni, dass die Bundesregierung zu unrecht – weil ohne Begründung – Akten verweigert hat. Was nun tun mit dem verspäteten juristischen Rückenwind?

Es wäre »fatal«, wenn die Bundesregierung – trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts – mit ihrer »Taktik des Verschleierns und Verschweigens« durchkäme. Sagt Dagmar Enkelmann. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion will, dass die Beteiligung der rot-grünen Bundesregierung am Irak-Krieg so weit wie möglich aufgeklärt wird. »Nichts darf unversucht bleiben, um alle Fakten und Vorgänge auf den Tisch zu bekommen.«

Leicht gesagt, schwer getan. Nach dem Urteil der Karlsruher Richter hatten die Fraktionen der der FDP, der LINKEN und der Grünen eine Sondersitzung des BND-Untersuchungsausschusses verlangt. Das gemeinsame Vorhaben der Opposition wurde vom Parlamentspräsidenten Norbert Lammert (CDU) geblockt. Begründung: Nach der Annahme der Beschlussempfehlung des 1. Untersuchungsausschusses durch den Bundestag am 2. Juli habe der Ausschuss aufgehört, zu bestehen.

Nun ein neuer Anlauf. Wie ND erfuhr, arbeiten LINKE und Grüne gemeinsam an einem Antrag für die »Lissabon-Sitzung« des Parlaments am 26. August 2009. Inhalt: Noch in dieser Wahlperiode soll das Plenum einen 2. BND-Untersuchungsausschuss einsetzen. Dies sei bis zum Ende der Legislatur möglich – »bei gutem Willen aller Beteiligten«, sagt Enkelmann.

Auch Experten der Grünen denken, dass man bis zu den Neuwahlen noch zwei Sitzungen »einschieben kann«. Da das Thema bekannt ist, könne man konzentriert vorgehen, um Lücken, die der alte Ausschuss unverschuldet lassen musste, zu schließen. Ob man dazu ein zweites Untersuchungsgremium einsetzen oder eine Reaktivierung des ursprünglichen Ausschusses beschließen muss, sei ein nachgeordnet.

Bislang haben FDP, LINKE und Grüne gut zusammengewirkt, wenn es um die Aufdeckung von Ungesetzlichkeiten im sogenannten Antiterrorkampf ging. Auch jetzt will die FDP, dass die ausstehenden Akten auf den Tisch kommen. Aber nicht auf den eines Untersuchungsausschusses. »Am 26. August einen neuen Untersuchungsausschuss zu beschließen, kommt zeitlich zu spät«, meint der FDP-Obmann des alten Ausschusses, Max Stadler. Der neue müsse sich erst konstituieren und man kenne ja die vielgestaltigen Verzögerungsmöglichkeiten der Mehrheit von Union und SPD. Die FDP will deshalb am 26. August einen Antrag verhandelt haben, laut dem »das Parlament die Bundesregierung auffordert, die Akten, die rechtswidrig nicht vollständig übergeben wurden, nun sofort den Obleuten des einstigen BND-Ausschusses auszuhändigen«.

Stadler weiß, dass »wir damit außerhalb dessen sind, was irgendwo geregelt ist«, doch falls sich Erkenntnisse ergeben, kann man die ja den bisherigen anfügen. Und wenn das Parlament einen anderen Adressaten für die Akten wünscht? Das wäre in Ordnung, sagt Stadler. Auch wenn er damit das Geheimdienstgremium meinen sollte – die Wirkung wäre vermutlich identisch. Denn, was in den Akten steht, bleibt so oder so Verschlusssache.

Es ist nicht auszuschließen, dass die unterschiedlichen Überlegungen mit Sandkastenspielen zu möglichen neuen Koalitionen nach der Bundestagswahl zu tun haben. So ist nicht sicher, ob aus dem Ausschuss, den der BND-Ausschuss produziert hat, doch noch ein funktionierendes Teil im großen Motor der Demokratie wird.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal