- Politik
- Irans Staatsoberhaupt hat seinen Amtseid abgelegt – doch der Machtkampf geht weiter
»Niemand in Iran wartet auf Glückwünsche«
Präsident Ahmadinedschad für zweite Amtszeit vereidigt / EU-Präsenz bei Zeremonie auf Sparflamme
Teheran (Agenturen/ND). Vor dem Parlament in Teheran gab es Proteste von Anhängern der Opposition. Sie riefen Slogans wie »Tod dem Diktator« und warfen dem Präsidenten erneut Wahlbetrug vor. Die Polizei trieb sie umgehend mit Pfefferspray auseinander, wie Augenzeugen berichteten. Knapp acht Wochen nach der Abstimmung waren zu der Vereidigungszeremonie mehrere Hundertschaften von Polizei und regierungstreuen Basidsch-Milizen im Umkreis um das Parlamentsgebäude in Stellung gegangen.
Nach Angaben des Außenministeriums in Stockholm nahm Schwedens Botschafter Magnus Wernstedt, dessen Land gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz hat, wie geplant an der Vereidigung teil. Wie ein Sprecher weiter mitteilte, waren auch die EU-Länder Großbritannien, Spanien und Frankreich durch ihre Botschafter vertreten. Deutschland wurde nach Angaben der Bundesregierung durch einen »niederrangigen Vertreter« repräsentiert. Die Entsendung des Botschafters durch Schweden geht laut Auswärtigem Amt auf eine Abstimmung innerhalb der EU zurück. Die Entscheidung sei im EU-Kreis »unwidersprochen hingenommen« worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Zugleich machte die Bundesregierung deutlich, dass sie weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl hat. Erneut verlangte sie die Freilassung aller festgenommenen Demonstranten. Ahmadinedschad muss jetzt innerhalb von zwei Wochen dem Parlament sein neues Kabinett zur Billigung vorstellen.
Der bei den Wahlen unterlegene Mir Hussein Mussawi bekräftigte seine Kritik am Prozess gegen Demonstranten, der am Wochenende fortgesetzt werden soll. Das Verfahren mache die großen Probleme deutlich, unter denen Iran derzeit leide. »Wir müssen lernen, auch andere Meinungen zu tolerieren«, sagte Mussawi.
Ahmadinedschad sagte nach seiner Vereidigung an die Adresse des Westens: »Niemand in Iran wartet auf irgendwelche Glückwünsche von euch.« Einige westliche Mächten hätten durch ihre Einmischung in den Wahlprozess ihre Glaubwürdigkeit verspielt, fügte der Präsident hinzu.
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