Abfuhr für Holocaustleugner

Bundesverwaltungsricht bestätigt das Verbot rechtsextremer Vereine

Die beiden rechtsextremen Vereine »Collegium Humanum« und »Bauernhilfe« bleiben verboten. Antifaschisten warnen vor neuem Nazizentrum bei Leipzig.
Mit Lebensschutz hatte der NS-verherrlichende Verein am allerwenigsten im Sinn.
Mit Lebensschutz hatte der NS-verherrlichende Verein am allerwenigsten im Sinn.

Bis zum Verbot des rechtsextremen Vereins Collegium Humanum (CH) gingen in seinem Schulungszentrum in Vlotho Holocaust-Leugner wie Horst Mahler ein und aus. Die Vereinsvorsitzende Ursula Haverbeck-Wetzel selbst, die Adolf Hitler eine »außergewöhnliche Persönlichkeit« nennt, ist mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Am Mittwoch verhandelte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mehr als sieben Stunden darüber, inwiefern solche Äußerungen dem gesamten Verein zugerechnet werden können. Das Bundesinnenministerium hatte das so gesehen und im Mai 2008 das Collegium Humanum samt zweier Unterorganisationen verboten.

Und dabei bleibt es auch. Die Richter hatten keinen Zweifel, dass die Tätigkeit der Vereine gegen geltendes Recht verstieß und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtete. Es gebe von Vereinsmitgliedern »eine Reihe gravierender Äußerungen, die den Nationalsozialismus und dessen führende Repräsentanten nicht nur begrüßen, sondern verherrlichen«, erklärte der Vorsitzende Richter des 6. Senats. (Az: BVerwG 6 A 2.08 sowie 6 A 3.08)

In den Klageschriften hatten die Vereine versucht, sich mit einem Verweis auf die Satzung zu retten. Demnach gehe es dem CH um Bildung, um die »notwendige Richtigstellung historischer Tatsachen«. Und der ebenfalls verbotene »Bauernhilfe e. V.« sei doch eine ganz andere Organisation. Auch hier war Haverbeck-Wetzel die Chefin.

Die 80-Jährige war selbst ins Bundesverwaltungsgericht gekommen. Sie leugne den Holocaust doch gar nicht, sagte sie. Der Anwalt des Bundesinnenministeriums, Wolfgang Roth, deutete Äußerungen Haverbeck-Wetzels allerdings ganz anders. Das Ziel der Frau sowie anderer Mitglieder des 1963 gegründeten Collegium Humanum sei es, den Völkermord infrage zu stellen. »Hier sitzt nicht jemand, der nur Wahrheit sucht, sondern hier sitzt jemand, der für sich die Wahrheit schon gefunden hat. Nämlich: Das ist alles Lüge«, sagte Roth.

Haverbeck-Wetzels Anwalt versuchte auch vergeblich, die Außenwirkung der beiden Vereine kleinzureden. Diese hätten nicht mehr als 16 Mitglieder; das Durchschnittsalter sei hoch. Aus Sicht der Richter sind diese Zahlen aber unerheblich, um zu ermessen, ob die Vereine sich aggressiv-kämpferisch gegen die demokratische Grundordnung richten. Entscheidend sei, ob sie gesellschaftlich breit wirksam sein wollten. Das Tagungshaus in Vlotho war über die Jahre zum Knotenpunkt für unterschiedliche rechtsextreme Spektren geworden. Intellektuelle Rechte bis zu Kameradschaften kamen zu Schulungen, Mitgliederversammlungen oder Liederabenden hierher.

Der Satzungsargumentation hatte das Bundesverwaltungsgericht schon im August 2008 in zwei Eilentscheidungen widersprochen. Die Ziele einer Vereinigung ließen sich »weniger ihrer Satzung, sondern eher ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit, ihren Publikationen sowie den Äußerungen ihrer Funktionsträger entnehmen«. Es bestünden »keine vernünftigen Zweifel«, dass die »Bauernhilfe« eine Teilorganisation des Collegium Humanum sei, heißt es in der Begründung des Beschlusses vom 25. August. Demnach lag dem Verein mit dem harmlosen Namen weniger der Öko-Landbau am Herzen als die Rettung des CH-Vermögens.

Wie viel die Vereinsverbote auf längere Sicht bringen, bleibt abzuwarten. In den 90er Jahren hatten sie zu einer Konzentration der Naziszene auf die NPD beigetragen. Der Innenminister hatte 2008 erklärt: »Mit dem Verbot wurde dieses Treiben unterbunden.« Manch einer ist davon aber auch diesmal nicht überzeugt. Mit der »Gedächtnisstätte« gebe es südlich von Leipzig längst ein neues Nazizentrum, sagte Juliane Nagel vom Leipziger »Aktionsbündnis gegen Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus« gegenüber ND. Nagel protestierte mit etwa 60 Antifaschisten am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude. An der Gründung in Borna war Frau Haverbeck-Wetzel ebenfalls beteiligt.

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