nd-aktuell.de / 22.08.2009 / Politik / Seite 3

Problemlösung? Fehlanzeige!

Umfrage zeigt Enttäuschung über die Politik der Großen Koalition

Steffen Twardowski

Obwohl Ulla Schmidt und Horst Schlämmer im bisher eher ruhigen Wahlkampf 2009 die Akzente setzen, lässt sich das Wahlvolk nicht beirren: Die Themen Gerechtigkeit und Rente werden bei der Entscheidung Ende September eine wichtige Rolle spielen. Langsam rücken auch die Verteilungsfragen in den Mittelpunkt, wie eine aktuelle Umfrage von TNS Emnid zeigt.

Die Bilanz der Großen Koalition auf bestimmten Politikfeldern sorgt fünf Wochen vor der Wahl für große Enttäuschung. Bekämpfung der Altersarmut? Gesundheitswesen reformiert? Mehr Jobs? Lösung der Energieprobleme? Schul- und Bildungssystem verbessert? Mehr soziale Gerechtigkeit? Die Finanzkrise im Griff? Fehlanzeige! Zwischen 25 und 45 Prozent der Befragten sind hier von den Anstrengungen der Bundesregierung »angetan« (Grafik). Ein Zeugnis, mit dem man das Klassenziel erreicht, sieht anders aus. Das Ergebnis ist deshalb so bemerkenswert, weil diese Bereiche in den letzten Wochen auf den Top-10-Listen der wahlentscheidenden Themen auftauchten.

Ost und West unterscheiden sich in einzelnen Punkten. Die Ostdeutschen sind von der Arbeit in Sachen Finanzkrise, Energie und Gesundheitsreform etwas mehr überzeugt als die Westdeutschen. Differenzen werden auch zwischen den Geschlechtern deutlich. Frauen sind mit der Arbeit zur Lösung der Probleme im Zusammenhang mit der Finanzkrise und bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unzufriedener, sehen aber mehr gute Ergebnisse bei der Schul- und Bildungspolitik als Männer. Doch diese punktuellen Unterschiede können die insgesamt miesen Resultate nicht verbessern. Unter den Par-teienanhängern ist der Jammer im SPD-Lager mit am größten, dort wird die Arbeit des Kabinetts Merkel/Steinmeier in den abgefragten Bereichen höchstens durchschnittlich bewertet. Dabei sind fast alle für diese Themen verantwortlichen Ministerien in SPD-Hand.

Sehen wir uns zwei Bereiche genauer an: Meinte beispielsweise im Oktober 2008 die Hälfte der Befragten, die Bundesregierung habe gut bis sehr gut gearbeitet, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sieht das jetzt nur noch ein Drittel so. Vor allem Ostdeutsche, Frauen und Empfänger niedriger Einkommen sind zunehmend frustriert. Von einer erfolgreichen Arbeit auf diesem Gebiet zu sprechen, heißt die Tatsachen zu verdrehen. Ebenso wird die Bekämpfung der Altersarmut als Desaster wahrgenommen. Nur jeder Vierte zieht eine positive Bilanz, unter den 40- bis 59-jährigen gar nur jeder Sechste. Ein deutlicheres Zeichen für die Ablehnung der »Rente ab 67« kann es kaum geben.

Beim Blick auf jene Themen, die als Kriterien für die Wahlentscheidung gelten könnten, steht die Gerechtigkeit ganz oben, für Frauen spielten sie und die Einkommensverteilung eine größere Rolle als für Männer. Die ernüchternde Bilanz der Regierung dürfte auch ein Grund dafür sein, dass weniger Menschen zu Wahl gehen. Wer in dieser Umfrage keine Partei nannte, die er am kommenden Sonntag wählen würde, bewertete die Regierungsarbeit häufig deutlich negativer als der Durchschnitt.

Der Autor leitet den Bereich Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Linksfraktion im Bundestag.