nd-aktuell.de / 03.09.2009 / Brandenburg / Seite 24

Lodernde Leidenschaft

Im Prignitz-Dorf Beveringen ist jeder Dritte bei der Freiwilligen Feuerwehr

Anselmus Schreck
Der Nachwuchs in Beveringen zeigt, wie es geht.
Der Nachwuchs in Beveringen zeigt, wie es geht.

So etwas gibt es wohl nur in Beveringen: Da, wo sonst der Beifahrer sitzt, ist im Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr ein Kindersitz festgeschnallt. Ein Bild mit Symbolcharakter. Denn das kleine Örtchen in der Prignitz ist das Feuerwehr-Eldorado Brandenburgs. Von den gerade einmal 230 Einwohnern ist jeder dritte in der Feuerwehr.

Im ganzen Land klagt die Freiwillige Feuerwehr über Nachwuchsprobleme. Die kennt man in Beveringen nicht. Es gibt 44 Aktive, zehn Alters- und Ehrenmitglieder in dem Ortsteil von Pritzwalk, seit vergangenem Jahr sogar eine Floriansgruppe mit 20 Kindern. In der Floriansgruppe werden schon die Kleinsten an die Arbeit der Brandschützer spielerisch herangeführt.

»Rote Autos ziehen die Knirpse magisch an«, weiß Jugendwart Sven Eilmes nicht nur vom eigenen Söhnchen Frederic, das zweieinhalb Jahre alt ist: »Wenn der Schläuche sieht, flippt er aus!«

Von den insgesamt 48 401 Feuerwehrleuten in Brandenburg machen 46 900 ihre Arbeit als ehrenamtliche Helfer bei 1879 Ortsfeuerwehren. Doch es werden immer weniger und der Trend setzt sich beim Nachwuchs fort. Waren es im Jahr 2000 noch 1216 Jugendfeuerwehren mit 16 144 Mitgliedern, so fiel die Zahl bis ins Jahr 2006 auf 1126 Jugendfeuerwehren mit 11 831 Mitgliedern. Auch wenn 2009 erstmals wieder ein Zuwachs von 150 Mitgliedern auszumachen ist, beträgt die Mitgliederzahl heute nur 10 855. Und das bei zunehmenden Einsätzen: 37 793 im Jahr 2008. Das waren 5800 mehr als im Jahr 2007.

Die Freiwillige Feuerwehr muss attraktiver werden, damit es nicht bald Probleme gibt. Das hat auch die Politik erkannt. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) macht Geld für sogenannte Brandschutz-Erziehungsteams locker, die von Schule zu Schule gehen und der Nachwuchsarbeit der Feuerwehr Türen öffnen sollen. Im vergangenen Jahr stellte die Landesregierung 198 010 Euro Lottomittel für Projekte der Feuerwehr-Jugendarbeit bereit. Ob das reicht?

Es gibt andere Lösungsansätze. Der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (Linkspartei) fordert eine »Ehrenpension« für Kameraden, um deren ehrenamtlichen Einsatz, der viel Freizeit kostet und gefährlich ist, zu belohnen.

Dagegen hätte man auch in Beveringen bestimmt nichts einzuwenden. Wie aber erklärt sich die ungebrochene Erfolgsgeschichte der Beveringer Feuerwehr? »Wir führen ein gutes Gemeindeleben«, sagt Eilmes, »auch Leute, die nicht in der Feuerwehr sind, kommen zu unseren Veranstaltungen.« Sportvereine gibt es in dem kleinen Ort wie überall. Beim SV Wacker Beveringen existiert eine Fußball- und eine Frauensport-Abteilung. Dann gibt es noch den Anglerverein. Dass es sonst keine Vereine gibt, kann also nicht der Grund dafür sein, dass die Feuerwehr solchen Zulauf hat. Schon bei der Gründung 1912 hatte die Wehr 42 Mitglieder. Es ist also die Tradition, die sie attraktiv macht.

Zu DDR-Zeiten wurde die Frauentruppe Bezirksmeister. Mit den »Flotten Bibern« gibt es sogar eine extra Kulturgruppe. Und der Tag der offenen Tür ist immer ein Ereignis im Dorf. Auch dieses Jahr am 5. September (ab 14 Uhr vor dem Spritzenhaus in Beveringen) ist jeder willkommen.

An den letzten Einsatz im Dorf kann sich Eilmes indes schon gar nicht mehr erinnern. »Das muss irgendwann vor der Wende gewesen sein.« Natürlich rückt die Wehr aber bei Bränden ins Umland aus. Zum Löschen kommen die Kameraden also allemal.

Für Stefan Fuchs, Stadtjugendwart in Pritzwalk, liegt das Geheimnis des Erfolges darin, dass auch die nach der Wende Hinzugezogenen integriert wurden. Auch sie treten in die Feuerwehr ein. Das ist nicht überall so.

»Die Feuerwehr hier ist eine große Familie«, sagt Eilmes. Der muss es wissen. War doch schon sein Urgroßvater Mitglied. Vater Kurt ist Wehrführer und Sohnemann Frederic packte die lodernde Leidenschaft ja auch schon. Zu Einsätzen fährt er allerdings noch nicht mit, wie der Papa versichert: »Der Kindersitz ist nur für den Tag der offenen Tür im Löschzug installiert.«