nd-aktuell.de / 11.09.2009 / Politik / Seite 8

Wahlbeobachter sieht großflächigen Betrug

Zweifel am Votum in Afghanistan wachsen

Bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist es nach Angaben des deutschen EU-Wahlbeobachters Gunter Mulack zu »wirklich großflächigem Betrug« gekommen.

Kabul (dpa/epd/ND). Mehr als 700 000 der derzeit knapp 5,5 Millionen ausgezählten Stimmen seien fragwürdig, sagte Mulack, der der Politische Analyst der EU-Wahlbeobachtermission und zugleich Direktor des Deutschen Orient-Instituts ist, am Donnerstag in Berlin. In 2451 der bislang überprüften 19 000 Wahllokale habe ein einzelner Kandidat mehr als 90 Prozent der Stimmen erhalten. In 214 Wahllokalen sei die Zahl der abgegebenen Stimmen größer als die Zahl der erwarteten Wahlberechtigten. Weder vor der Wahl noch bei der Stimmabgabe habe es Hinweise auf einen derart massiven Betrug gegeben. Besonders im Süden des Landes habe es am Wahltag wegen der Sicherheitslage aber keine ausländischen Beobachter gegeben. Mittlerweile wisse man dort von Wahllokalen, die gar nicht geöffnet waren oder wo die gefüllten Urnen mehrere Tage verschwunden waren.

Mulack räumte ein, dass Wahlbetrug in der Dritten Welt in gewissem Umfang normal sei. »Das gehört dazu«, sagte der frühere deutsche Botschafter in Pakistan. Bei dem Umfang des Betrugs in Afghanistan gebe es aber große Zweifel, ob das Wahlergebnis von der Bevölkerung anerkannt werde.

Ex-Außenminister Abdullah sagte der BBC, die Wahlkommission sei »überhaupt nicht unabhängig«, sondern auf Karsais Seite. »Ich denke, es ist nicht zum Wohl des Landes, dass jemand, der massiven Betrug begangen hat, das Land für fünf Jahre regiert.« Abdullah kritisierte die Wahlkommission, die die Stimmen auszählt und die Ergebnisse verkündet, als »korrupt«. Er betonte aber, er wolle weiterhin, dass ein faires Wahlergebnis durch friedliche Methoden ermittelt werde. Nach bisherigen Angaben der Wahlkommission kommt Karsai bei der fast abgeschlossenen Auszählung der Stimmen auf eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang. Karsai hatte am Mittwoch die Wahlkommission ausdrücklich gelobt.

Unterdessen sind zum ersten Mal Ergebnisse der Präsidentenwahl aus einigen Regionen wegen Manipulationen für ungültig erklärt worden. Die Beschwerdekommission teilte am Donnerstag mit, es gebe klare Hinweise auf Betrug. Die Ergebnisse von mehr als 80 Wahlstationen in den Provinzen Paktika, Kandahar und Ghasni seien daher ungültig. Insgesamt gab es 24 500 Wahlstationen.