nd-aktuell.de / 06.10.2009 / Politik / Seite 5

Nach der Wahl ohne Illusionen

Steffen Twardowski
Die Bundestagswahl liegt reichlich eine Woche zurück. Sind die Wähler zufrieden, was sie angerichtet haben?

Wie haben Sie den Wahlabend verbracht? Wurden Sie von Ihren Gefühlen überwältigt, zeigten die Grafiken mit den Hochrechnungen das erhoffte Finale, haben Sie mit Freunden ausgiebig gefeiert? Falls ja, gehören Sie zu jener Mehrheit von 55 Prozent, die mit dem Resultat der Bundestagswahl zufrieden ist. Angesichts des knappen Ausgangs ist das keine Überraschung. Doch wie TNS Emnid in der Woche nach der Entscheidung weiter herausfand, gehen drei von vier Befragten trotzdem davon aus, dass die Parteien nun ihre Versprechen aus dem Wahlkampf vergessen werden.

Besonders skeptisch sind die Bezieher mittlerer Einkommen, wurden ihnen doch von Union und FDP Steuersenkungen offeriert. Wie sehr das Ergebnis vom 27. September anerkannt wird, lässt sich auch noch anders überprüfen. Der Aussage »Wenn ich gewusst hätte, dass die Wahl so ausgeht, hätte ich anders gewählt bzw. dann wäre ich wählen gegangen« stimmen 31 Prozent zu. Vor vier Jahren waren es 19 Prozent. Eine Fortsetzung der Regierung von Union und SPD fänden 42 Prozent besser als die kommende »Tigerentenkoalition«, auch jeweils zwei Drittel der Anhänger von SPD und Grünen sehen das so. Bei allen bisher genannten Ergebnissen gibt es zwischen Ost und West, zwischen Männern und Frauen nur geringe Unterschiede.

Anders sieht es in der Frage aus, wie es in der Opposition mit SPD und LINKEN weitergeht. Insgesamt stimmen jeweils 48 Prozent einer Zusammenarbeit beider Parteien zu oder lehnen sie ab. Im Westen wird sie von 44 und im Osten von 61 Prozent bejaht. Auch von 63 Prozent der SPD-Wähler und 81 Prozent der Anhänger der LINKEN wird eine solche Kooperation befürwortet. Die Studie zeigt auch: Unter den mit dem Ausgang der Bundestagswahl Unzufriedenen ist der Wunsch nach einem gemeinsamen Auftritt von LINKEN und SPD besonders groß, zwei Drittel von ihnen stimmen dieser Zusammenarbeit zu. Es fällt auf, dass mit steigendem Einkommen bzw. mit steigendem Bildungsgrad dieses Bündnis von den Interviewten immer deutlicher akzeptiert wird. Wer besonders gefordert ist, beide Parteien für eine gemeinsame Oppositionsarbeit zu motivieren, steht für die Befürworter dieses Modells fest: 53 Prozent von ihnen meinen, die Initiative dazu müsse von den Sozialdemokraten ausgehen. Ob sie dieser Erwartungshaltung gerecht werden?

Der Autor leitet den Bereich Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Linksfraktion im Bundestag.