nd-aktuell.de / 24.10.2009 / Kommentare / Seite 4

Weltanschauungsmathe

Markus Drescher

Linke gleich Rechte gleich Antisemiten gleich Islamisten. Alles unterschiedslos Extremisten, die es zu bekämpfen gilt. So einfach funktioniert die schwarz-gelbe Weltanschaungs-Mathematik im Entwurf des Koalitionsvertrags. Da wird künftig nicht mehr unterschieden zwischen denen, die menschenverachtende neonazistische und antisemitische Ideologien propagieren, und jenen, die dagegen demonstrieren. In der polizeilichen Praxis auf der Straße war das sowieso kaum der Fall.

Über diese »Alles-Extremisten-Gleichung« dürfen sich so in erster Linie die Nazis freuen. Auf einem Silbertablett wird ihnen und allen, die Interesse an der Verharmlosung des Naziproblems haben, Argumentationshilfe dargebracht: Wenn alle gleich gefährlich sind, warum gibt es dann so viele Projekte gegen Rechts? Sind diese überhaupt nötig? Projekten wie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus würde von der künftigen Regierung so ein Stück weit die Rückendeckung entzogen. Zum anderen ist zu befürchten, dass ihnen künftig weniger Gelder zur Verfügung stehen, wenn es gilt, die Mittel neu zu verteilen.

Fein raus bei dem Extremisten-Konstrukt ist auch die »Mitte der Gesellschaft« – ihr Alltagsrassismus und -antisemitismus, ihre Homophobie usw. sind keine relevanten Größen mehr. Doch diese Einstellungen sind natürlich weiter existent und die schwarz-gelbe Gleichung geht nicht auf. FDP und Union: Setzen, sechs!