Die bittere Seite der aromatischen Bohne

An den Kakaoproduzenten geht der Schokoladenboom vorbei

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
Qualitativ hochwertige Schokolade ist nicht nur in Deutschland mehr und mehr gefragt. Doch trotz hoher Nachfrage leiden die Bauern in den Lieferländern unter niedrigen und vor allem wenig stabilen Preisen. Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie vom Südwind-Institut.

Kakawa nannten die Olmeken in Mexiko den Kakaobaum. Sie waren die ersten, die dessen Früchte ernteten, trockneten, rösteten und zum »Getränk der Götter« verarbeiteten. Damals, 1500 vor Christi, begann die Kakaobohne in Mexiko und darüber hinaus populär zu werden. Bei den Mayas wurde die aromatische Bohne nicht nur verzehrt, sondern auch gleich als Zahlungsmittel eingesetzt.

Das blieb auch den Spaniern nicht verborgen, die schnell auf den Trichter kamen, dass man die Bohne den Edelleuten in der Heimat nicht vorenthalten dürfe. Vermengt mit Zimt und Rohrzucker wurde die Schokolade zum beliebten Heißgetränk und setzte zum Siegeszug rund um den Globus an. Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn die Nachfrage nach Schokolade ist ungebrochen – wenn auch mehr in Form der Tafel als aus der Tasse.

Anders als bei vielen anderen Rohwaren sackte der Preis für die aromatische Bohne in den letzten Monaten jedoch nicht in den Keller. Für rund dreitausend US-Dollar wird die Tonne Kakaobohnen derzeit auf dem Weltmarkt gehandelt. Doch trotz der relativ hohen Preise kommt bei den Produzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika zu wenig an, so schreibt Friedel Hütz-Adams vom Südwind Institut in Siegburg. Das Wirtschaftsforschungsinstitut mit christlichem Background hat sich mit den weniger aromatischen Seiten der dunklen Bohne auseinandergesetzt. Die wird in erster Linie von Kleinbauern angebaut. Rund drei Millionen Farmer ernten die dicken Schoten, in deren Fruchtfleisch die Kakaobohnen ähnlich wie in einer Erbsenschote stecken. Doch was sie für die Bohnen erhalten, hängt oft vom Verhandlungsgeschick der Bauern, der Macht der Ankäufer und des Zwischenhandels ab, schreibt Hütz-Adams. In den großen Produzentenländern wie Ghana, der Elfenbeinküste, Indonesien und Brasilien sind vor allem Kleinbauern für den Anbau verantwortlich. Auf kleinen Plantagen von weniger als zehn Hektar Fläche wird zumeist angebaut und die getrockneten Bohnen werden meist an die Zwischenhändler verkauft. Doch in aller Regel sind es die Exporteure, die die lukrativen Zuschläge für die Qualität der Bohnen erhalten. Ausnahmen gibt es meist nur bei Biokakao und bei den Bohnen für den fairen Handel, so die Studie. Eine weitere negative Seite der Kakaoproduktion ist die relativ weit verbreitete Kinderarbeit. So ist die Elfenbeinküste dafür bekannt, dass es immer wieder Minderjährige sind, welche die Schoten ernten. Doch auch in Ecuador, nach Brasilien der zweitwichtigste Produzent der Kakaobohne in Lateinamerika, werden, so die Studie, immer wieder Kinder bei der Ernte eingesetzt.

Lösungsansätze sind über nachhaltige Anbaumethoden, höhere und qualitativ bessere Erträge und faire Preise möglich. Doch dazu müssen die Marktteilnehmer ihre Zulieferer in die Pflicht nehmen und fairer handeln. Der britische Konzern Cadbury, der von einer feindlichen Übernahme durch Kraft Foods bedroht ist, setzt dabei auf den fairen Handel. Seit dem August 2009 wird fair gehandelter Kakao für die Produktion des bekanntesten Riegels des britischen Süßwarenkonzerns eingesetzt. 45 Millionen US-Dollar will Cadbury in den nächsten zehn Jahren in den fairen Handel investieren – ein Beispiel, dass Schule machen sollte, so Hütz-Adams. Der rät allerdings auch zu mehr Kontrolle durch die Gesetzgeber. So müsste bei der Verletzung von internationalen Arbeitsnormen auch endlich gegen Unternehmen geklagt werden können. Das erfordert jedoch noch viel Lobbyarbeit.

SÜDWIND - Die dunklen Seiten der Schokolade. Große Preisschwankungen – schlechte Arbeitsbedingungen der Kleinbauern. 53 Seiten, www.suedwind-institut.de

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