nd-aktuell.de / 04.11.2009 / Kultur / Seite 14

... der Anderen

Der Feuille-Ton ...

NICHTS PASSIERT

In der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« zeigt sich Nils Minkmar eher beeindruckt von den inspirierten Frisuren der neuen Ministerriege denn vom Inhalt des schwarz-gelben Koalitionsvertrags. Über diesen schreibt er:

Es ist ein Text ohne jede Ambition. Dieser Vertrag will nichts von seinem Leser, im Gegenteil. Alles wird darin versprochen. Zuwächse und Verschlankungen, Fortschritt und Beständigkeit, Urbanität und Gemütlichkeit. Es klingt, wie wenn Eltern mit schlechtem Gewissen auf ihre Kinder einreden: Sonntag werden wir auf Schlittschuhen im Kino einen Drachen steigen lassen. Das Kind versteht schon richtig: Gar nichts wird passieren.

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NICHTS GEWAGT

Micha Brumlik beklagt in der »tageszeitung« die stillschweigende Verweigerung der Grünen, sich mit der Machtoption Rot-Rot-Grün ernsthaft auseinanderzusetzen:

Als Wähler ist man derartiger Indolenz gegenüber ohnmächtig – mehr als seine Stimme hat man nicht. Daher: Meine werden die Grünen, die ich seit ihrem ersten Auftreten stets gewählt habe, so lange nicht mehr bekommen, bis nicht in irgendeinem Bundesland oder einer Stadt mit mindestens einer halben Million Einwohnern eine rot-rot-grüne Koalition regiert. Dann erst wäre die proklamierte Offenheit nach allen Seiten mehr als nur ein beruhigendes Mantra für alle, die mit den Grünen mehr verbinden als das Ende des aus demografischen Gründen ohnehin auslaufenden dreigliedrigen Schulsystems und folgenlose Bekenntnisse unzuständiger Landespolitiker gegen die Atomkraft.

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NICHTS GEWORDEN

Halb belustigt, halb empört kommentiert Henryk M. Broder im »Spiegel« die heftigen Reaktionen auf seine Ankündigung, für den Vorsitz des Zentralrats der Juden zu kandidieren. Und dementiert: »Keine Sorge. Ich mache es nicht. Ich bin weder größenwahnsinnig noch vergnügungssüchtig.«

Wenn man in Deutschland etwas in Gang setzen will, muss man eine Personaldebatte entfachen, obwohl natürlich alle so tun, als wären sie an Sachfragen interessiert. Hätte ich geschrieben, der Zentralrat wäre ein Verein von Schnarchnasen, denen es vor allem darauf ankommt, nicht unangenehm aufzufallen und zum nächsten Sommerfest des Bundespräsidenten eingeladen zu werden, wäre nicht einmal die Bürochefin von Charlotte Knobloch beleidigt gewesen. Ein Außenseiter aber, der gleich die ganze Firma übernehmen möchte, bringt die Ordnung durcheinander und sorgt für Panik auf dem deutsch-jüdischen Jahrmarkt der Eitelkeiten.