nd-aktuell.de / 14.11.2009 / Kultur / Seite 11

Ein bisschen Kabel 1

Kritik an Arte

Jan Freitag

Im eigenen Land, gilt der Prophet nicht viel. Der TV-Sender arte zum Beispiel, einst als anspruchsvolle Nische des dualen Systems entstanden, versauert im Jahr seiner Volljährigkeit bei knapp einem Prozent Marktanteil, während Dschungelcamps, Bauersfrausuchen oder »Wetten, dass …?« Rekordquoten erzielen. Kein Wunder, dass auch der deutsch-französische Kulturkanal im Zeitalter der Einheitswährung Einschaltquote gelegentlich auf den messbaren Zuspruch schielt. »Quote ist für mich kein Schimpfwort«, sagte Programmchef Christoph Hauser deswegen bei der feierlichen Präsentation der Highlights 2010 in Hamburg.

Doch die kommende Saison verdeutlicht: Neue Zuschauerschichten dürfte arte damit kaum generieren. Zu sperrig, zu abseitig, zu massenfern ist das Gezeigte und dürfte damit Kritikern wie unlängst auf der Fachtagung »DOK Leipzig« den Wind aus den Segeln nehmen, arte orientiere sich zunehmend am Massengeschmack. Denn unter den wöchentlich 23 Stunden dokumentarischer Neuware sind so unkonventionelle Schwerpunkte wie »Land der Indianer« zur Historie amerikanischer Ureinwohner im Februar jenseits des Westerns. Dazu kommen Filme, die selbst in ARD und ZDF bestenfalls zur Nacht laufen. Erstausstrahlungen wie »Dr. Hope« mit Heike Makatsch als erste deutsche Medizinstudentin, Kino-Adaptionen wie »Kirschblüten – Hanami«, Klassiker wie »Metropolis« oder die Sieger aus 60 Jahren Berlinale. Außerdem Serien abseits tradierter Sehgewohnheiten, allen voran Dominik Grafs lang ersehnter Krimi-Zehnteiler »Die Spur des Verbrechens«. Und natürlich viel Pop, Wissenschaft, Trash, Hochkultur.

»Unser Ziel muss es sein, für ein hochwertiges Angebot viele Leute zu gewinnen«, erklärt Hauser diesen Spagat zwischen Qualität und Quote. Der ist zuletzt mit »24h Berlin« bestens gelungen. Das TV-Ereignis des Jahres, ohne Frage. Aber eben auch ein Real-Life-Format reinsten Wassers, nur länger und leiser. Arte eben, aber auch ein bisschen Kabel 1. Schließlich sendet der Kulturkanal nicht im luftleeren Raum. Oder wie es Planungsleiter Hauser ausdrückt: »Wenn wir nur senden, was die anderen nicht senden, senden wir irgendwann nichts.«