nd-aktuell.de / 21.11.2009 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 4

Verteuern Erneuerbare den Strom?

Verbraucherschützer Aribert Peters sieht keine Gründe für Preiserhöhung

Der 60-jährige Diplom-Physiker Dr. Aribert Peters ist Gründer und Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher.
Der 60-jährige Diplom-Physiker Dr. Aribert Peters ist Gründer und Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher.

ND: Zahlreiche Anbieter erhöhen zum 1. Januar die Strompreise. Die meisten behaupten, die Erneuerbare-Energien-Umlage sei schuld. Ökostromanbieter, die ihre Preise anheben, verweisen dagegen auf gestiegene Netzdurchleitungsgebühren. Wer lügt?
Peters: Die EEG-Umlage wird erhöht. Das stimmt schon. Aber die Stromversorger konnten im Verlauf des Jahres an der Leipziger Strombörse den Strom immer günstiger einkaufen. Die dadurch mögliche Kostensenkung macht ein Mehrfaches der EEG-Erhöhung aus. Es ist daher nicht fair, die EEG-Erhöhung an die Kunden weiterzugeben. Fair wäre, die Einkaufsverbilligungen zu nutzen, um die Erhöhung aufzufangen und zusätzlich die Strompreise zu senken. Einige Stromversorger machen genau das. Denen sind ihre Kunden vielleicht einfach wichtiger als eine schamlose Preiserhöhung.

Und das Argument der Ökostromanbieter? LichtBlick zum Beispiel erhöht um zehn Prozent. Können Sie das nachvollziehen?
Zehn Prozent sind außerhalb des begründbaren Rahmens. Auch die gestiegenen Netzentgelte machen nicht so viel aus. Und zweitens gelten die günstigeren Einkaufspreise ja auch für Ökostromanbieter.

Warum haben so viele Versorger lieber teuer eingekauft?
Sagen wir es mal vorsichtig, sie haben unglücklich eingekauft. Die Gründe seien dahingestellt. Wer das Geschäft gemacht hat, muss auch für Fehler dabei geradestehen. Er verdient daran, wenn er gut einkauft. Und dann muss er es auch auf seine Kappe nehmen, wenn es daneben geht.

Politiker raten zum Wechsel des Stromanbieters. Schieben sie das Problem nicht zu sehr auf den Verbraucher ab?
Wechseln ist sicherlich richtig. Es gibt genug günstige Alternativen. Ein weiterer Ratschlag gilt für diejenigen, die das schon getan haben. Die haben einen Sondervertrag und sollten nachschauen, ob eine Preiserhöhung überhaupt zulässig ist. Wenn nicht, zahlt man den alten Preis weiter und verweist den Versorger darauf, dass die Preiserhöhung keine vertragliche Grundlage hat.

Wer nur nach dem billigsten Anbieter sucht, wird nicht zu Ökostrom wechseln. Ein Dilemma?
Man muss die Erneuerbaren Energien unterstützen, aber das tut man ohnehin durch die gesetzliche EEG-Umlage. Man muss deshalb nicht unbedingt zum Ökostromanbieter wechseln.

Sie widersprechen hier Umweltverbänden?
Wenn man den Anbieter wechselt, sollte man natürlich den neuen Versorger unter Umweltaspekten auswählen. Aber wir als Verbraucherverband sehen in der EEG-Umlage den entscheidenden Hebel zum Ausbau der Erneuerbaren und nicht den privaten Wechsel zum Ökostromanbieter.

Bleibt nicht dennoch auch politischer Handlungsbedarf?
Doch. Die Politik müsste die Stromversorger entflechten, um mehr Wettbewerb zu organisieren. Zudem müssen die Verbraucher besser geschützt werden, zum Beispiel, indem man die EU-rechtlich vorgeschriebene Beschwerdestelle in Deutschland endlich einrichtet. Die entsprechenden Richtlinien gibt es seit 2002. Sie müssten längst umgesetzt sein. Wir warten aber immer noch darauf. Ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU-Kommission gegen Deutschland läuft bereits. Laut Koalitionsvertrag und drittem EU-Richtlinienpaket soll die Umsetzung nun bis 2011 geschehen.

Fragen: Ines Wallrodt