Digital Art Museum

Virtuelle Mauer

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.

Tamiko Thiel und Teresa Reuter haben nicht nur die Absicht, eine Mauer zu errichten. Die in München lebende Amerikanerin und die in Berlin lebende Münchnerin haben ihr Vorhaben sogar schon in die Tat umgesetzt. Allerdings haben sie sich die Virtuelle Realität (VR) als Handlungsraum ausgesucht. Ihre per Joystick begehbare dreidimensionale Installation »ReConstructing the Wall« ist nicht nur Bestandteil der Großausstellung »Fallmauerfall« im Ephraimpalais. Auch im Digital Art Museum (DAM) ist ihr Projekt in einer Demo-Version zu besichtigen.

Die Ausstellung »ReVisioning the Virtual Wall« im DAM präsentiert zudem erstmals einiges Material zum Entstehungsprozess der Installation. Interessant sind vor allem die großformatigen Collagen. Verschiedene Zeitschichten sind hier übereinander gelagert. Die Mauer zieht sich als halbtransparenter Streifen durch die Stadt. Die Bebauung, auf die das reale Objekt früher den Blick versperrte, ist deutlich zu erkennen. Grenzposten sind als Schemen eingezeichnet. Sie wirken wie Geister, die zwar nicht von dieser Welt, aber auch nicht von ihr wegzudenken sind.

Formal illustrieren die Collagen zudem die Arbeitsweise des Künstlerinnenduos. Bildschichten von Stadtansichten vor und nach dem Mauerbau sowie nach dem Mauerfall sind digital aufgearbeitet und in die dreidimensionale Darstellung integriert. Die Digitalisierung erlaubt nun unterschiedliche Blickpunkte. Diese Darstellung der Genese macht allerdings einen überzeugenderen Eindruck als das Endprodukt selbst.

Denn der VR-Installation ist ihre Künstlichkeit doch sehr stark anzumerken. Die dargestellten Neubaufassaden wirken noch monotoner, als sie auf den technischen Zeichnungen der Projektanten je erschienen sein mögen. Die strukturell lebhafteren Altbaufassaden sind ebenfalls grafisch ausgedünnt. Die Grenzanlagen selbst sind äußerst schematisch. Unbefriedigender noch als das grafische Ambiente ist jedoch die inhaltliche Komponente. Virtuell durch die Straßen laufend, kann man zwar auf andere Passanten sowie Sicherheitspersonal treffen. Doch sowohl die Begegnungen mit Zivilisten als auch die mit Grenzsoldaten sind erzählerisch leider anspruchslos. Steuern die Passanten ein paar harmlose Beobachtungen zur Mauer bei, so warten die Uniformierten mit stereotypen Befehlen in leicht sächsischer Sprachfärbung auf. Für den ganzen Rechenaufwand ist das dann doch etwas wenig. Optisch entschädigen allerdings die opulenten Collagen.

Bis 28.11., Di.-Fr. 12-18, Sa. 12-16 Uhr, Digital Art Museum, Tucholskystr. 37

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