Brötchentüten gegen Gewalt

Unternehmen und Institutionen tragen Fürsorgepflicht für Arbeitnehmerinnen

  • Antje Stiebitz
  • Lesedauer: 2 Min.

»Gewalt kommt nicht in die Tüte« könnte demnächst auf Ihrer Brötchentüte stehen. Dies ist Bestandteil der Aktion »Unternehmen sagen NEIN zu Häuslicher Gewalt«, mit der Unternehmer und Verwaltungen für gewaltbetroffene Frauen eintreten. Anlass für die Kampagne ist der Internationale Tag für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November. »Wir wollen die Tabuisierung der häuslichen Gewalt durchbrechen, eine öffentliche Diskussion anregen und Hilfe anbieten«, erläuterte Frauensenator Harald Wolf (LINKE) in der Friedrichshainer Auferstehungskirche die Ziele der Aktion und der »Workplace Policy«-Tagung.

Die »Workplace Policy« stammt aus Großbritannien und ist eine Anti-Gewalt-Strategie für den Arbeitsplatz. Sie sieht vor, dass Unternehmen sich öffentlich und im eigenen Unternehmen gegen häusliche Gewalt aussprechen. Außerdem verpflichten sie sich, in konkreten Fällen zu intervenieren, um den betroffenen Mitarbeiterinnen durch Ansprechpartner, Beratung und Hilfe zur Seite zu stehen.

Über 16 000 Fälle von häuslicher Gewalt sind im letzten Jahr der Berliner Polizei gemeldet worden. Deutschlandweit sind es jährlich 40 000 Frauen, die in Frauenhäuser flüchten, und 300 Frauen kommen durch Übergriffe im eigenen Zuhause zu Tode.

Dem englischen Beispiel folgend, rufen Terre des Femmes, die BIG Hotline, der Frauensenator und die Frauenbeauftragten seit sieben Jahren Unternehmen und Institutionen auf, Fürsorgeplicht für ihre Arbeitnehmerinnen zu übernehmen.

Hierbei spielen wirtschaftliche Überlegungen durchaus eine Rolle. Misshandelte Frauen kommen zu spät zur Arbeit, gehen früher und haben mehr Fehltage. Ihre Probleme geben sie nicht vor den Toren ihrer Arbeitsstelle ab, sondern tragen sie weiter mit sich herum. Sie leiden an körperlichen Verletzungen, Schlafstörungen, schwachem Selbstwertgefühl und Angstzuständen. Häusliche Gewalt beeinflusst das Arbeitsleben der Frauen massiv – ihre Arbeitsmoral ist schlecht, und das führt zu wirtschaftlichen Verlusten.

In Berlin mit dabei sind Kaiser's, das Türkisch-Deutsche Zentrum, das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk Lazarus gemeinsam mit dem Deutsch-Arabischen Zentrum, die Berliner Stadtreinigung (BSR), die Bezirksämter, drei Wohnungsgenossenschaften, die Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaften und das Berliner Fenster. »Ich wünsche mir, dass mit der heutigen Tagung und den beispielhaften Aktionen Bezirke, Behörden und Unternehmen ermutigt werden, Nein zu häuslicher Gewalt zu sagen und ihre Mitarbeiterinnen zu schützen«, wirbt Wolf.

Dinge des täglichen Gebrauchs wie Schlüsselanhänger, Lippenpflegestifte, Notizblöcke oder Plakate sollen alle Bürger auf das Thema aufmerksam machen und sensibilisieren. »Wir verteilen auch Tüten mit türkischen oder arabischen Aufschriften«, berichtet Michael Piekara vom EJF-Lazarus.

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