nd-aktuell.de / 25.11.2009 / Politik / Seite 6

Kein »Reinwaschen« vor Irak-Ausschuss

Gremium soll britischen Einsatz untersuchen

Mehr als sechseinhalb Jahre nach dem Einmarsch in Irak will ein Untersuchungsausschuss in London die Hintergründe des britischen Einsatzes aufdecken.

London (dpa/ND). Zu Beginn der öffentlichen Untersuchung wurden am Dienstag in London die ersten Zeugen gehört. Die Zeugen sollen in den kommenden Monate beleuchten, wie es zu dem umstrittenen Einsatz kam und auf welcher rechtlichen Grundlage die Regierung handelte. Es ist bereits die fünfte Untersuchung des britischen Einmarsches an der Seite der USA, keine zuvor war jedoch so weitreichend. Der Vorsitzende des Ausschusses, John Chilcot, erklärte zum Auftakt, ein Ergebnis solle bis Ende nächsten Jahres vorliegen. Das wäre erst nach den kommenden Parlamentswahlen, die bis spätestens Frühjahr 2010 stattfinden müssen. Chilcot verteidigte das parteiübergreifende Gremium als »unabhängig und unpolitisch«. Kritiker hatten dem Ausschuss, der von der Regierung ernannt worden war, fehlende Unabhängigkeit vorgeworfen.

Vor dem Verhandlungsort kam es zu vereinzelten Protesten von Kriegsgegnern. Auch Familienangehörige von Opfern des Krieges kamen zu der Anhörung.

Der Ausschuss soll die Irak-Politik der Regierung von 2001 bis zum Abzug der britischen Truppen im Sommer 2009 untersuchen. Anfang kommenden Jahres soll auch der damalige Premierminister Tony Blair als Zeuge gehört werden. Er hatte 2003 die Briten an der Seite der USA in den Krieg gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein geführt – gegen den Willen der Mehrheit der Briten und ohne UNO-Mandat. Blair hatte angegeben, Irak habe Massenvernichtungswaffen. Diese Vorwürfe stellten sich jedoch als falsch heraus. Chilcot betonte, bei der Untersuchung handle es sich nicht um einen Prozess. »Niemand steht hier vor Gericht.« Ein »Reinwaschen« gebe es jedoch nicht.

Zunächst sollen ehemalige Mitarbeiter des Außen- und Verteidigungsministeriums sowie des Geheimdienstes aussagen. Sie konzentrierten sich am Dienstag auf die Bedrohung, die vom irakischen Regime nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 angeblich ausgegangen war.