nd-aktuell.de / 27.11.2009 / Politik / Seite 7

Namibias Opposition fordert die SWAPO heraus

Einstige Befreiungsbewegung strebt wieder Dreiviertelmehrheit an

Georg Krase
Im Land zwischen Namib und Kalahari-Wüste finden heute und morgen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Am Sieg der regierenden SWAPO wird nicht gezweifelt, eine neu formierte Opposition mit der Bewegung für Demokratie und Fortschritt (RDP) stellt jedoch deren Dreiviertelmehrheit in Frage.

Vor genau 20 Jahren krönte die Befreiungsbewegung SWAPO ihren Kampf gegen das südafrikanische Apartheid-Regime mit einem überzeugenden Sieg in Namibias ersten freien und allgemeinen Wahlen. Die Hoffnungen auf Demokratie und soziale Verbesserungen im unabhängigen Namibia waren groß. Die Bilanz seither ist zwiespältig: Zwei Jahrzehnten stabiler politischer und ökonomischer Entwicklung stehen gravierende soziale Probleme gegenüber.

Die SWAPO verfügt im Parlament inzwischen über eine Drei-viertelmehrheit, die Schwäche der Opposition ist hausgemacht. Die Demokratische Turnhallenallianz (DTA), einst von Südafrika als Gegengewicht zur SWAPO geschaffen, verlor ihre Rolle als oppositionelle Führungskraft schon vor Jahren, ihr droht jetzt Bedeutungslosigkeit. Ansätze für eine Neuordnung der Parteienlandschaft gab es 1999, als der Kongress der Demokraten (COD) gegründet wurde, vor allem aber seit 2007 mit der neuen RDP. Beide wurden von Dissidenten aus der SWAPO initiiert.

SWAPO hat immer noch den Nimbus der siegreichen Befreiungsbewegung. Sie findet Unterstützung in allen Bevölkerungsgruppen. Das gilt begrenzt auch für COD und RDP. Die kleineren Parteien sind zumeist ethnisch orientiert. Nach wie vor dominiert die Politikergeneration des Befreiungskampfes, das kann sich nach der Wahl ändern. In der SWAPO zeigte Präsident Hifikepunye Pohamba einen neuen Politikstil – gemäßigt, auf Versöhnung orientiert. Er sprach auch solche Probleme wie Korruption an und beriet sich über den Führungskreis der eigenen Partei hinaus. Damit nahm er der RDP, die auch aus Frust über den Führungsstil seines Vorgängers Sam Nujoma entstanden war, Wind aus den Segeln. Nujoma selbst agiert aus dem Hintergrund, auch mit politischen Querschüssen wie unkontrollierten Attacken gegen weiße Namibier oder westliche Ausländer. Sein tatsächlicher Einfluss ist umstritten.

Programmatisch unterscheiden sich Namibias Parteien wenig. Der COD, durch interne Machtkämpfe geschwächt, wird wohl seine Position als Oppositionsführer an die RDP verlieren. Die RDP unter dem früheren Außenminister Hidipo Hamutenya, einst ein populärer SWAPO-Führer, erhofft sich Unterstützung auch in der neuen schwarzen Mittelschicht. Noch wichtiger ist jedoch, ob es ihr gelingt, die ethnische Machtbasis der SWAPO bei den Ovambos, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung stellen, aufzubrechen und sich erfolgreich als langfristige Alternative zur SWAPO zu präsentieren. Hamutenya kommt wie Pohamba aus der größten Ovambo-Gruppe, den Kwanyamas.

Rund 1,18 Millionen Wähler können sich für ein Dutzend Parteien entscheiden – in 998 Wahllokalen oder bei 536 mobilen Wahlteams, die weit über 2000 Einzelsiedlungen im extrem dünn besiedelten Land aufsuchen. 30 Prozent der Wahlberechtigten sind Neuwähler. Erstmals spielen elektronische Medien eine größere Rolle im ansonsten verhaltenen Wahlkampf. Zur Wahlkultur Namibias gehören auch zivilgesellschaftliche Wahlbeobachter, erstmals auch solche der Kirchen. Umstritten ist die parteipolitische Bindung mancher Gruppen, eine wurde deshalb ausgeschlossen. Am Wahlergebnis ist vor allem das Abschneiden der Opposition interessant. Darüber hinaus konzentriert sich das Interesse auf die politische Weichenstellung in der alten und wohl auch neuen Regierungspartei SWAPO.