nd-aktuell.de / 02.12.2009 / Politik / Seite 6

»Außerordentlich beunruhigend«

UN-Hochkommissarin kritisiert Bauverbot für Minarette in der Schweiz

Nach Ansicht der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, könnte das Bauverbot für Minarette gegen die Menschenrechte verstoßen.

Genf (Agenturen/ND). Das Verbot »riskiert, das Land auf einen Kollisionskurs mit den Verpflichtungen zu internationalen Menschenrechten zu bringen«, sagte Pillay am Dienstag in Genf. Zwar nehme sie zur Kenntnis, dass die Regierung versucht habe, diese Zustimmung zu verhindern. Allerdings sei das Verbot eines architektonischen Anbaus, der mit nur einer Religion verbunden sei, eine eindeutige Diskriminierung. Über 57 Prozent der Wahlbeteiligten in der Schweiz hatten am Sonntag dafür gestimmt, dass der Bau von Minaretten im Land verboten wird. Mit diesem Votum hätten die Schweizer ihre bisherige Unterstützung der grundlegenden Menschenrechte aufgegeben, sagte die Hochkommissarin. »Politik, die auf Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz fußt, ist außerordentlich beunruhigend, wo immer sie betrieben wird«, betonte Pillay.

Derweil hat der italienische Innenminister Roberto Maroni »keine Einwände« gegen ein Referendum über den Bau neuer Minarette auch in Italien. »Die Volksabstimmung ist ein wesentliches Instrument der Souveränität unserer Bürger«, sagte Maroni am Dienstag. Aus seiner Partei, der rechtskonservativen und ausländerfeindlichen Lega Nord, war nach dem Schweizer Votum ein solches Referendum auch in Italien vorgeschlagen worden. In Mailand wird seit Langem über den Bau einer Moschee gestritten.

Die Türkei hat das Bauverbot für Minarette scharf kritisiert. Staatspräsident Abdullah Gül bezeichnete die Entscheidung am Dienstag als eine Schande für die Schweiz. Das Verbot sei ein Beispiel für zunehmende Islamophobie und Feindseligkeit gegenüber Muslimen in der westlichen Welt.

Das türkische Außenministerium bezeichnete das Ergebnis des Referendums als enttäuschend und forderte eine Korrektur.

Der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratspräsident Carl Bildt erwartet, dass UN-Aktivitäten in der Schweiz infrage gestellt werden könnten. Auf seinem Internet-Blog schrieb Bildt am Dienstag: »Es können innerhalb der Vereinten Nationen sehr wohl Fragen zu Treffen und anderen Aktivitäten ausgerechnet in der Schweiz gestellt werden.« Bemerkenswert sei auch, dass die Schweiz gerade erst die Präsidentschaft in dem Ministerkomitee übernommen habe, das sich mit Menschenrechten befasse. »Während sich die Türkei in Richtung auf zunehmende Toleranz und Offenheit bewegt, gibt es jetzt ein europäisches Land, das ganz ausgeprägt in die entgegengesetzte Richtung geht.«