nd-aktuell.de / 12.12.2009 / Politik / Seite 18

Fassadentest mit der Flugzeugturbine

Eine bayerische Firma liefert die einzigartige Glasverkleidung der neuen Hamburger Elbphilharmonie

Berit Schmidt, dpa
21 500 Quadratmeter – das ist die Fläche der Glasfassade an der neuen Elbphilharmonie in Hamburg. Die einzigartigen Scheiben aus Bayern wurden vor ihrem Einsatz etlichen anspruchsvollen Härtetests ausgesetzt.

Gundelfingen/Hamburg. Mit ihrer spektakulären Fassade soll die Elbphilharmonie das neue Wahrzeichen im Hamburger Hafen werden. In diesen Tagen wurde begonnen, die ersten Fassadenelemente in rund 40 Meter Höhe einzusetzen. Die bis zu fünf Meter hohen Glasscheiben liefert der Fassadenbauer Josef Gartner aus Gundelfingen in Bayern. »Solche Scheiben sind noch nie dagewesen«, sagt der Geschäftsführer der Josef Gartner GmbH, Klaus Lother, stolz. Drei Kanten der Scheiben liegen auf einer Ebene, die vierte Scheibenkante ist teilweise gewölbt. Und trotz ihrer Einzigartigkeit muss die 21 500 Quadratmeter große Glasfassade Sturm und Regen standhalten.

Ein Jahr lang in der Kältekammer

»Besucher müssen dagegenschlagen können, ohne dass die Scheiben brechen«, erklärt Lother. Die Konzertbesucher können durch die teils bedruckten Scheiben fast senkrecht nach unten schauen. Daher wurde vor der kommenden Montage der rund 1100 Elemente auf den Kaispeicher A etwa die Bruchsicherheit der Unikat-Scheiben mit einem Pendel geprüft.

Außerdem blies ein Flugzeugmotor Windböen von bis zu 220 Stundenkilometern gegen die Scheiben. Gleichzeitig wurde die Fassade mit 3,4 Litern Wasser pro Minute und Quadratmeter beregnet. In einer speziellen Kältekammer wurden die Scheiben ein Jahr lang Kälte und Hitze ausgesetzt – und dabei durfte ja kein Fenster bersten.

Der Fassadenbauer ist nach eigenen Angaben weltweit führend auf seinem Gebiet. Konkurrenten gebe es nur auf einzelnen regionalen Märkten, sagt Lother. Zudem konzentrierten sich die Mitbewerber auf spezielle Aspekte des Fassadenbaus. »Wir machen alles« – über Glas bis hin zu Aluminium oder Stahl.

Von Gundelfingen nach New York

Bis 2010 saniert das Unternehmen etwa die Deutschen Bank in Frankfurt. In Hongkong wirkt die seit 2001 zur italienischen Permasteelisa Group gehörende Josef Gartner GmbH am größten Bauvorhaben der Stadt, dem Tamar Government Center, mit. In Hamburg rüstete Gartner den Flughafen mit einer neuen Fassade aus.

Mit weltweit 1300 Mitarbeitern erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatz von 275 Millionen Euro. Der Weg zum Marktführer begann 1869 als Familien geführte Schlosserwerkstatt. Schon damals habe sich das Unternehmen ständig nach neuen Herausforderungen umgesehen, erklärt Lother. Und noch heute gilt: »Wenn irgendwas Schönes auf der Welt gebaut werden soll, haben wir den Ehrgeiz dabei zu sein.«

Und so stammt die Fassade des Museums of Modern Art in New York genauso wie die des Sony Centers in Berlin aus Bayern. Auch die Fassade des Fernsehturms in Stuttgart kommt aus Gundelfingen. Derzeit wandern pro Jahr etwa 65 000 Scheiben durch das Werk. Und doch ist die Elbphilharmonie der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron, die im Frühjahr 2012 eröffnet werden soll, auch für das Unternehmen etwas Besonderes.

»Für mich ist die Elbphilharmonie nicht nur ein Symbol für Hamburg, sondern ein Architektur-Symbol für Deutschland«, sagt Lother. Die Architekten hätten sich mit dem rund 323 Millionen Euro teuren Bau in Deutschland auf Neuland gewagt. Im Moment arbeiten die Handwerker von Hochtief am 17. Stockwerk und sind »im Großen und Ganzen im Termin«. »Wir gehen davon aus, dass wir die Verzögerungen kompensiert kriegen und die Eröffnung der Elbphilharmonie im Mai des Jahres 2012 wie geplant stattfinden kann«, sagte der Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft, Heribert Leutner.