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Die Rezension

Ruhm ohne Grund

  • Eric Breitinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Sandimmun hat Hunderttausenden von Menschen das Leben gerettet. Das 1972 entwickelte Medikament unterdrückt die natürliche Abwehrreaktion der Körpers auf ein fremdes Spenderorgan und machte so Transplantationen erst möglich. Seitdem spülte es Milliarden in die Kassen des Basler Pharmakonzerns Sandoz und seiner Nachfolgerfirma Novartis.

In seinem Buch enthüllt der Zürcher Journalist Stephan Bosch nun einen »Pharmaskandal« im Zusammenhang mit Sandimmun: Anders als Sandoz und Novartis behaupten, gebührt der Verdienst, den Sandimmun-Wirkstoff Cyclosporin entdeckt zu haben, nicht dem Westschweizer Agronomen Jean Francois Borel, der dafür zig Preise und den Ehrendoktortitel der Universität Basel bekam. Der eigentliche Entdecker war sein damaliger Vorgesetzter Hartmann Stähelin. So zitiert Bosch den damaligen Sandoz-Forschungsleiter: »Ich halte Borel für einen Hochstapler und Betrüger, der die Wahrheit bewusst zu seinen Gunsten unterdrückt«. Bei der Geschichtsklitterung half ihm, wie Bosch nachweist, die Konzernspitze: »Den leitenden Köpfen passte Borel als Galionsfigur von Sandimmun besser ins Marketingkonzept.« Borel konnte gut reden und repräsentieren. Der stille und bescheidene Stähelin schien den Konzernführern für die PR-Aufgabe ungeeignet. Also brachten sie ihn laut Bosch um seine ihm zustehenden Meriten.

Boschs Streitschrift ist akribisch recherchiert, leicht lesbar und pointiert. Sie wirft ein Schlaglicht auf die allzu häufig von Marketinginteressen beherrschte Welt der Pharmakonzerne und eines ihrer dunklen Geheimnisse.

Stephan Bosch, Die Akte Sandimmun – Ein Pharmaskandal, Rüffer & Rub Zürich, 176 S., 25 €.

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