Kurden protestieren gegen Verhaftungen

Abgeordnete wollen zurück ins Parlament

  • Martin Dolzer
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Südosten der Türkei dauern die Proteste gegen das Verbot der kurdischen Partei für eine Demokratische Gesellschaft (DTP) und die Verhaftung ihrer Aktivisten an.

Am 24. Dezember wurden bei Großrazzien mehr als 80 kurdische Politiker festgenommen. De meisten gehören der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) an. Betroffen waren auch neun amtierende Bürgermeister, die nach dem Verbot der DTP am 11. Dezember in die BDP eingetreten waren. Angaben türkischer Presseagenturen zufolge wirft die Staatsanwaltschaft den Festgenommenen Verbindungen zur verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) vor.

Der von vielen erhoffte Demokratisierungs- und Friedensprozess drohe in einer neuerlichen Repressionswelle unterzugehen, kommentierte der Menschenrechtsverein IHD die Verhaftungen. Bereits nach den Erfolgen der DTP bei den Kommunalwahlen im März waren über 500 Aktivisten, darunter 53 Parteifunktionäre inhaftiert worden. Bisher wurden jedoch weder die Vorwürfe gegen die Beschuldigten konkretisiert noch Hauptverhandlungen eröffnet, kritisierte die BDP am Freitag bei einer Pressekonferenz in Istanbul.

Zu den zuletzt Festgenommenen gehören Hatip Dicle, der bereits in den 90er Jahren gemeinsam mit der Sacharow-Preisträgerin Leyla Zana für 10 Jahre inhaftiert worden war, der Bürgermeister von Diyarbakir Sur, Abdullah Demirbas, und der Vizepräsident des Menschenrechtsvereins IHD, Muharrem Erbey.

Der als gemäßigt geltende Oberbürgermeister von Diyarbakir, Osman Baydemir, der ebenfalls der BDP beigetreten ist, erklärte: »Nach 80 Jahren unternahm der türkische Staat eine erste Initiative, um ein demokratisches Zusammenleben mit den Kurden zu ermöglichen. Wir haben das begrüßt und unterstützt. Besonders die Ereignisse der letzten Wochen zeigen allerdings, dass die (Regierungspartei) AKP nur auf einen besseren Ruf im Ausland bedacht war und nicht ernsthaft an Demokratisierung und einem Friedensprozess interessiert ist.«

Nach dem DTP-Verbot und dem anschließenden Rückzug ihrer Abgeordneten aus dem türkischen Parlament war es zu landesweiten Unruhen gekommen, in deren Verlauf mindestens drei Demonstranten getötet wurden. Die von einem Politikverbot verschont gebliebenen 19 kurdischen Abgeordneten, die mittlerweile alle in die BDP eingetreten sind, kündigten vor einer Woche an, gemeinsam mit dem unabhängigen linken Abgeordneten Ufuk Uras eine Fraktion zu bilden und ihre parlamentarische Arbeit wieder aufzunehmen.

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