Schweigen

Berliner theater 89

  • Walter Kaufmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Warum der 1955 in Thüringen geborene, bis 1984 in der DDR lebende, danach von der Staatssicherheit in die Bundesrepublik abgeschobene, später in Potsdam arbeitende, inzwischen verstorbene Theatermann Ralf-Günter Krolkiewicz sein Stück »Mein Taubentraum« nannte, erklärt sich erst spät – doch dass dies ein Drama »für die Stimme meiner Mutter« ist, wird augenblicklich deutlich.

Es ist ein Drama von besonderer Prägung, am Berliner »theater 89« wirkungsvoll über die Rampe gebracht von Christine Gloger, Bernhard Geffke und Johannes Achtelik (Regie: Hans-Joachim Frank). Wobei die Hauptdarstellerin nahezu neunzig Minuten lang mit einem Monolog voller Anwürfe gegen ihren Mann die Bühne zu beherrschen hatte: einen alten Genossen der SED, der politische Verfolgungen gegen den eigenen Sohn nicht abzuwehren imstande war, sich nicht schützend vor ihn stellte und – seitdem in der Ehe verstummte.

Zehn Jahre lang wird er sich zu seinem Verhalten nicht äußern, wird die von ihm selbst empfundene Schuld verdrängen, bis er sich schließlich zum Schreiben eines Briefes aufrafft. Den aber zerreißt die Frau vor seinen Augen – sie will nicht lesen, was sie längst weiß. Die mögliche Annäherung bleibt aus, die Kluft zwischen ihr und dem Mann ist unüberbrückbar bis hin zur endgültigsten aller Trennungen ...

Ein Drama in der Tat, packend allein schon der Sprache wegen, der Struktur des Ganzen – vor allem aber wegen der darstellerischen Leistung der Gloger, die so spricht, dass keine Silbe verloren geht (wo findet man das noch heutzutage) und dabei sehr nachvollziehbar macht, was die Frau eines Genossen in all den Jahren, die wie ein langer Tod gewesen waren, zu durchleben und durchleiden hatte.

Früh schon im Stück sind die Shakespeare-Worte »der Rest ist Schweigen« zu hören – sie hätten sehr wohl gegen Schluss noch einmal anklingen können, anklingen sollen ... Während der langen Minuten des Beifalls empfand wohl ein jeder, dass es nichts mehr hinzuzufügen gab.

www.theater89.de

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