Der Aal verschwindet
Rostocker Wissenschaftler verlangen ein absolutes Fangverbot
Rostock (dpa/ND). Wissenschaftler sind in großer Sorge um den Europäischen Aal. »Es ist zu befürchten, dass die Population zusammenbricht«, sagte der Rostocker Fisch-Wissenschaftler Christopher Zimmermann vom Institut für Ostseefischerei der dpa. So sei die Zahl der Glasaale, also der Jungfische, die vom Meer in Flüsse und Seen aufsteigen wollen, dramatisch zurückgegangen.
»Wir fangen heute mit den gleichen Methoden und an den gleichen Stellen noch ein Prozent der Menge von vor 50 Jahren«, berichtete Zimmermann. Ein Ende dieses Negativtrends sei nicht zu abzusehen. Der Internationale Rat für Meeresforschung hat zum Schutz des Europäischen Aals daher ein absolutes Fangverbot empfohlen. Die Bedrohung des Aales sei schon lange bekannt, so Zimmermann. Deshalb unterliege er seit März 2009 als eine von nur wenigen Fischarten dem Washingtoner Artenschutzabkommen.
Schon 2007 hatte die EU ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, Wiederaufbaupläne für die Popolation zu entwickeln. Diese Initiativen erreichten aber nicht ihr Ziel, weil es für die notwendigen Freisetzungsprogramme nicht mehr genug Glasaale gebe, erklärte Zimmermann. »Diese Managementpläne kommen offensichtlich zu spät.« Die Erholung der Aal-Bestände werde selbst bei sofortiger Umsetzung strikter Schutzmaßnahmen 50 bis 80 Jahre dauern.
Der komplizierte, mehr als zehn Jahre dauernde Lebenszyklus macht die Tiere besonders anfällig für Störungen. Das können Umweltveränderungen durch Bauwerke in den Flüssen oder die Freisetzung von chemischen Substanzen sein. »Eine kleine Änderung im Hormonsystem kann bewirken, dass die Fortpflanzungsorgane nicht mehr funktionieren. Änderungen im Fettstoffwechsel können dazu führen, dass erwachsene Aale den mehrere tausend Kilometer langen Weg von Europa in die Karibik nicht mehr schaffen«, erläuterte Zimmermann. Die stetig sinkende Zahl von Aalen berge auch die Gefahr, dass sich die Tiere zur Paarungszeit nicht fänden.
Der komplexe Lebenszyklus der Aale könne vom Menschen nicht nachgebildet werden, eine Nachzucht in Fischfarmen sei also nicht möglich, unterstrich Zimmermann. »Das bedeutet, jeder Aal, der verspeist wird, ist ein Wildfang und fällt damit als ein Individuum weg, das den Weg in die Karibik auf sich nimmt, um dort für Nachwuchs zu sorgen.«
Das gelte auch für die Fische, die im Rahmen von Besatzprogrammen in Seen und Flüsse eingesetzt werden: Bisher fehle auch der Nachweis, dass die ausgesetzten Tiere den Rückweg in die Karibik überhaupt fänden.
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