nd-aktuell.de / 12.01.2010 / Kultur / Seite 15

Fremd

Matthias Habich 70

Die Aura des Dreitagesbartes ist hier mehr als eine Äußerlichkeit. Sie strahlt, wenn man dem Schauspieler Matthias Habich ins Gesicht schaut, Wetterfestigkeit und Hautschutz vor. Seelenhautschutz. Habich (Foto: dpa) kann blicken und tun, als begegne er den Menschen der Welt zum ersten Mal. Die Wildnis begegnet dem gezähmten Leben. Er war vor der Kamera von der Trenck und Victor Klemperer und Johnsons alter Cresspahl, er spielte bei Egon Günther (»Ursula«) und Volker Schlöndorff, bei Friz Umgelter und Henri Verneuil. Glänzte sich durch die Großrollen des Theaters, bis hin zum Lear als einer zermergelten Lederhaut, und noch ein Stück weiter: als Mitglied der berühmten Truppe des genialen Stadttheaterflüchters Peter Brook.

Habich, in Danzig geboren, von dort als Fünfjähriger mit der Familie vertrieben, seit Jahrzehnten in Paris und Zürich lebend, ist ein Spieler der raffiniert angerauten Fremdheit, ein Seewolf im Bürgerzimmer. Noch in den Momenten männlicher Gegenangriffe bleibt er ein zart Tastender. Das Wesentliche seiner Gestalten schlägt er nicht heraus, er ist der geduldig wartende Jäger vor den Höhleneingängen zum jeweiligen Charakter. Heute wird Matthias Habich siebzig Jahre alt. hds