nd-aktuell.de / 13.01.2010 / Brandenburg / Seite 12

Überraschend

Stefan Ludwig will Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder werden

Wilfried Neiße

»Ich möchte dieser Stadt eine Zukunft geben.« Der das sagt, heißt Stefan Ludwig, ist Jahrgang 1967, Landtagsabgeordneter der Linkspartei in Potsdam. Und er spricht von einer Stadt im Märkischen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten mächtig hat Federn lassen müssen. Er spricht von Frankfurt an der Oder.

Gestern überraschte Stefan Ludwig seine Genossen in der Potsdamer Landtagsfraktion mit dem Entschluss, dort im deutschen Osten als LINKE-Kandidat zur Oberbürgermeister-Wahl anzutreten. Bisher habe Frankfurt es nicht geschafft, zu sich selbst zu finden, begründete er seine verwegene Entscheidung. Eine Wende werde daher nicht leicht. Und mit Jubelaktionen sei leider nicht zu rechnen. Stefan Ludwig ist inzwischen eine Art Urgestein der Brandenburger LINKEN. Fast acht Jahre hat er bereits der Stadt Königs Wusterhausen als Bürgermeister vorgestanden. »Dort gab es – auf kleinerer Ebene – ähnliche Probleme« wie in Frankfurt, sagt er heute. Dort habe er sich das Rüstzeug für die große Aufgabe in einer kreisfreien Stadt erworben. In den Landtag zog Ludwig im Herbst auf der Liste der LINKEN ein. Er nahm an den Koalitionsverhandlungen teil und war zwischenzeitlich auch als Minister im Gespräch.

Wird ihm in der Person des LINKEN-Politikers Frank Hammer ein regional verorteter Konkurrent begegnen? »Frank Hammer ist in meinem Team«, sagt Ludwig. Dessen Kontakte nach Polen und in die regionale Künstlerszene hinein seien wichtige politische Anknüpfungspunkte.

Wenn es klappt mit der OB-Wahl, wird Ludwig den Landtag nach wenigen Monaten wieder verlassen. Er war einer der ersten linken Abgeordneten nach der Wende auf dem Potsdamer Brauhausberg. Der Fraktion PDS/Linke Liste gehörte er damals als Parteiloser und, man denke, als Abgeordneter der Freien Deutschen Jugend (FDJ) an. Doch sieben Jahre später hat Ludwig die blaue Fahne eingerollt.

Dass auch mit ihm als Oberbürgermeister Frankfurt »nicht die erste sozialistische Stadt« werde, könne er heute schon sagen, hieß es bei ihm gestern. Aber die Vorteile des neuen rot-roten Regierungsbundes in Brandenburg gelte es für die kommunale Ebene erlebbar zu machen. Es komme darauf an, dass die Kommune für ihre eigenen Bürger attraktiv wird, was sie jetzt nicht ist. Die dort arbeitenden Professoren der Europa-Universität Viadrina, die Richter und höheren Beamten wohnten praktisch alle nicht am Ort. Auch die Studenten der Uni sind Rucksack-Frankfurter.

Ludwig verspricht sich viel von der neuen Oder-Partnerschaft mit Polen, wie Brandenburg sie sich vornehme. »Frankfurt ist eine Stadt in der Mitte Europas«, unterstreicht Ludwig. Dieses »Tor zu Polen« müsse die wichtige Drehscheibe werden, die sie von ihrer geografischen Lage her sein könne.