Ewiger Guido

Guido Knopp / Der Journalist wurde gestern für sein Lebenswerk ausgezeichnet

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist, mit Leni Riefenstahl gesprochen, ein Sieg des Willens: Seit 25 Jahren ebnet Guido Knopp den Weg aus der geistig-moralischen Wende über die neue Mitte ins nationale Selbstbewusstsein und hat deutsches Vergangenheitsfernsehen exporttauglich gemacht. Nun bekommt der Bundesverdienstkreuzträger den Lohn. In New York verleiht ihm eine internationale TV-Jury den »Lifetime Achievement Award«.

Als er 1984 die ZDF-Redaktion Zeitgeschichte schuf, hat Knopp das Genre »aus dem Ghetto der Nacht«, wie er es nennt, ins Hauptprogramm gehievt. Sein Mehrteiler »Der verdammte Krieg« fesselte schon im Jahre 1991 Millionen. Seither pflegt der frühere »FAZ«-Redakteur, was der Philosoph Hermann Lübbe »deutscher Sündenstolz« nennt: er konfrontiert das wiedervereinigte Land mit Nationalsozialismus und Krieg, um es sodann freizusprechen. Schuld sind bei Knopp immer Hitlers Helfer, Hunde, Henker. Die anderen eben.

Knopp, schreibt die »Zeit«, hat das »Wir-Gefühl ins deutsche Erinnern gebracht«. Seine zeitzeugenflankierte Heldenproduktion zu fixen Schnitten und düsterer Musik duldet jenseits einer Führungsclique nur weiße Flecken. Besonders auf Stauffenbergs Weste. »Der Graf war deutschnational, nie ein Nazi«, lobte Knopp seinen liebsten Antisemiten vorm Dokudrama »Die wahre Geschichte« vor zwei Jahren. »Wir atmen etwas freier, weil es ihn gegeben hat.«

Kritiker nennen ihn »Kriegsguru«, der »Nazi-Kitsch« mit »Spaßkompatibilität« sendet. Viele werfen ihm gar Revisionismus vor. Zum 60. Jahrestag der Normandie-Landung etwa lud er reaktionäre Historiker à la Arnulf Baring ins Studio, die »vom Tod, der alle gleich macht«, faselten. An Flucht und Vertreibung sind stets Russen schuld, nie Deutsche. Zum Tag der Auschwitz-Befreiung kümmerte sich Knopps »History«-Reihe um »Die DDR und die Juden«. Immer die anderen, wie gesagt. Und doch scheint er mit 61 Jahren leicht geläutert, ein Westerwelle fürs Fernsehen zu sein. Denn wie der FDP-Chef sein Guidomobil eingemottet hat, widmet sich Knopp nun auch unbelasteten Themen – Richard Nixon etwa oder Marilyn Monroe. Dass wir ein Opfervolk sind, hat er ja längst zum Allgemeinwissen gemacht. Jan Freitag

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