nd-aktuell.de / 01.02.2010 / Brandenburg / Seite 14

VVN: Polizei ließ Verhöhnung von Nazi-Opfern zu

Zossen (ND). »Das ›tolerante Brandenburg‹ stelle ich mir anders vor«, sagt Hans Coppi. Der Vorsitzende der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) rügt das Vorgehen der Polizei bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz in Zossen. Am Mittwoch hatten sich dort 150 Menschen versammelt, um an Opfer des Faschismus zu erinnern. Verlesen wurden die Kurzbiografien von 76 Verfolgten des Nazi-Regimes aus der Stadt Zossen, darunter Männer und Frauen, die in Konzentrationslagern und Zuchthäusern ermordet wurden.

»Ein für mich völlig unerwartetes Echo kam von der anderen Seite des Marktplatzes«, schrieb Coppi gestern in einem offenen Brief an den brandenburgischen Innenminister Rainer Speer (SPD). 20 Neonazis störten das Gedenken mit Trillerpfeifen und Sprechchören, auch das Wort »Lügner« sei skandiert worden, berichtete Coppi. »Die Einsatzkräfte der Polizei schirmten die Nazis ab, sie schritten aber gegen diese Störung nicht ein und ließen die Neonazis gewähren.« Als er den Beamten gesagt habe, es könne doch nicht sein, dass hier die Opfer verhöhnt werden, sei mit Schulterzucken reagiert worden oder auch mit dem Hinweis, dies sei eine öffentliche Veranstaltung und Bürger, die eine andere Meinung haben, dürften dies kundtun.

Er bitte, nein er erwarte, »dass dieses Fehlverhalten der Polizei ausgewertet« werde, schrieb Coppi, dessen Eltern die Faschisten in Plötzensee hingerichtet hatten. Davon abgesehen dankte Hans Coppi der Polizei, dass sie den kürzlich erfolgten rechtsextremen Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen so schnell aufklärte. Ein 16-Jähriger konnte als Täter ermittelt werden.

»Wir brauchen Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage, aber genauso brauchen wir Polizistinnen und Polizisten, die die Bürgerinnen und Bürger schützen«, verlangte Zossens Linksfraktionschef Carsten Preuß. In Anbetracht der Eskalation rechtsextremer Gewalt sei die beabsichtige Schließung der Polizeiwache in der Stadt das falsche Signal.