nd-aktuell.de / 02.02.2010 / Kultur / Seite 15

Die Spröde

Barbara Sukowa 60

Sie ist die Fremde geworden. Ihr Leben ist vielleicht von jener Art, für die der Dichter Hermann Lenz das Wort vom »Nebendraußen« gefunden hat. Eine Deutsche nicht in Deutschland. Barbara Sukowa (Foto: dpa) lebt seit nunmehr zwanzig Jahren in New York, und der Umstand lässt einen sofort an Charakter denken, an Souveränität, an die staunenswerte Konsequenz mitten im Ruhm. Denn sie war ein Star.

Sie spielte am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, sie war Fassbinders Mieze in »Berlin Alexanderplatz«, sie war dessen Lola. In Margarethe von Trottas Filmen (»Die bleierne Zeit« und »Rosa Luxemburg«) war sie Prägerin: diese störrische Art, schön zu sein durch Sprödigkeit; diese Hartnäckigkeit, um keinen Preis gefällig zu werden vor der Kamera, diese fast rehhafte Scheu, reibungslos wahrgenommen zu werden.

Sie war Schauspielerin bei Giorgio Strehler, bei Peter Zadek, bei Luc Bondy, sie filmte bei Lars von Trier, Volker Schlöndorff, Michael Camino. Dass sie nach zwei Ehen (mit den Schauspielern Hans Michael Rehberg und Daniel Olbrychski) mit ihrem dritten Mann, dem Multimedia-Künstler Robert Longo, in die USA zog, erzählt etwas vom Balancieren zwischen Kunst und Leben, Beruf und Besinnung aufs andere Wesentliche.

Die Sukowa, 1950 in Bremen geboren, studierte an der Berliner Max-Reinhardt-Schule; sie entwickelte eine ganz eigene Kraft und Bedrängungsenergie im suchenden Formen einer Rolle, sie neigte auf mitunter sogar aggressive, schneidende Art zur Emphase, zum Pathos einer wütenden Intelligenz (als sie Anfang der siebziger Jahre in Darmstadt Theater spielte, nannte man sie ob ihres politischen Zorns die »rote Barbara«). Immer forschte die Sukowa nach den Paradoxien einer Gestalt: Liebesglück versah sie mit dem Schleifton der Verzweiflung, das Leiden gab sie vergnügt, den Spaß schwärzte sie an – gleichsam mit Lust eine gestische, kunstbewusste Spielerin wider die Kopien der Natürlichkeit, die auf erhöhten Plätzen wie einer Bühne nichts zu suchen haben.

In den USA begann sie eine neue Laufbahn als Sängerin, mit ihrer Interpretation klassischer Lieder reiste sie erfolgreich um die Welt, sie ist längst im Olymp der Sparte angelangt: Sie singt Schubert und Schumann, und eine Rockband (»X-Patsys«) hat sie ebenfalls gegründet. Das schöne Nebendraußen einer klug genießerischen Frau, die im deutschen, europäischen Kommerzbetrieb mehr und mehr wie eine verstörte Unschuld wirkte. Und wegging.

Heute wird Barbara Sukowa sechzig Jahre alt. hds