nd-aktuell.de / 02.02.2010 / Politik / Seite 5

Ost-LINKE will überzeugt werden

In Sachsen-Anhalt bleibt Skepsis gegenüber neuem Führungsmodell

Hendrik Lasch, Magdeburg
Die LINKE in Sachsen-Anhalt bleibt skeptisch, was das Konstrukt der neuen Parteiführung betrifft, will sich aber überzeugen lassen. Im Land bereitet sie sich aufs Regieren vor – trotz vieler Unwägbarkeiten.

Von Abgründen war nicht mehr die Rede, Bedenken aber bleiben. Matthias Höhn, Chef der LINKEN in Sachsen-Anhalt, der den Kompromiss für die neue Führung der Bundespartei vorige Woche kritisiert hatte, forderte die designierte Führung gestern auf, »um Vertrauen und Zustimmung zu werben« – und zwar vor allem im Osten. Nach einer Klausur von Fraktion und Landesvorstand betonte er, vor allem die Doppelbesetzung der Position des Bundesgeschäftsführers stoße »vielfach auf Skepsis«. Dass einschließlich zweier Beauftragter für Parteibildung vier Personen für innere Angelegenheiten der Partei zuständig sein sollten, stoße auf Bedenken. Ob die Satzungsänderung auf dem Bundesparteitag im Mai in Rostock eine Mehrheit finde, »wird die Diskussion zeigen müssen«. Zur Frage, ob alle Genossen im Land seine Kritik teilten, merkte Fraktionschef Wulf Gallert an, manche hätten diese als nicht scharf genug bezeichnet.

Mit der Klausur bereiteten sich die Genossen auf das Jahr vor der Landtagswahl vor, die im März 2011 stattfindet und bei der die LINKE anstrebt, die CDU abzulösen: »Wir wollen die Regierung führen«, sagt Höhn. Er erinnerte an das Ergebnis bei der Bundestagswahl 2009, als die Partei mit 32,4 Prozent erstmals stärkste Kraft wurde. Gallert dämpft aber übergroßen Optimismus. Nach 24,1 Prozent bei der Landtagswahl 2006 »sind wir nicht die Favoriten«. Jedoch sei die politische Landschaft in Sachsen-Anhalt häufig von Stimmungswechseln gekennzeichnet: »Hier kann jeder Erster oder Dritter werden.«

Um am Wahlabend als Siegerin dazustehen, will man den Wählern »Gestaltungsperspektiven« aufzeigen. Auch wenn die letzten Monate gezeigt hätten, dass man im Land »auch als Opposition einiges bewirken kann«, werde das Programm, das am 30. Oktober beschlossen werden soll, »keinesfalls ein reines Oppositionsprogramm« sein, sagte Gallert. Es soll Vorhaben beinhalten, die auf Landesebene umgesetzt werden können und der finanziellen Situation des Landes Rechnung tragen. Genannt werden zunächst ein Vergabegesetz, Korrekturen im Kita- und Schulbereich, ein öffentlicher Beschäftigungssektor und ein Personalkonzept für den öffentlichen Dienst. Letzteres, ist Gallert überzeugt, werde ein Schwerpunktthema im Wahlkampf.

In diesem strebt die LINKE an, selbst möglichst stark zu werden. Um »Konstellationen« werde es dagegen nicht gehen, betonte Gallert in Anspielung auf rot-rote Bündnispläne. Zwar seien zuletzt »Bruchlinien« in der Koalition von CDU und SPD deutlich geworden; dabei schaue die SPD aber zunächst auf ihr eigenes Wahlergebnis, glaubt Gallert. Unbeeindruckt zeigt sich der Fraktionschef, der am 12. Juni zum Spitzenkandidaten gewählt werden dürfte, von Absagen der SPD-Führung an eine von einem LINKEN geführte Koalition. Solche Äußerungen zeigten zum einen, dass es den Sozialdemokraten »nicht um Inhalte geht, sondern um Posten«. Zum anderen hält er die äußerst frühe Festlegung für ein Zeichen fehlenden Selbstvertrauens – »was mich als alten Taktiker am meisten überrascht«.