Zahlungsmoral: Wissenswertes rund um das gesetzliche Mahnverfahren

Bürgerliches Gesetzbuch

  • Lesedauer: 5 Min.
Ist ein Auftrag erfolgreich erledigt, stellt der Unternehmer eine Rechnung. Doch was tun, wenn trotzdem kein Geld kommt? Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten beklagen immer mehr Handwerker und Gewerbetreibende zum Teil Existenz bedrohende Zahlungsausfälle. Die Gründe hierfür reichen dabei von »zu zahlen vergessen« über »nicht zahlen können« bis hin zu »nicht zahlen wollen«. Der Leidtragende ist jedoch immer der Auftragnehmer. Welche Möglichkeiten Unternehmer in dieser Situation haben, doch noch an ihr wohlverdientes Geld zu kommen, beschreibt im Folgenden Rechtsexpertin Anne Kronzucker.

Selbst wenn der gesamte Auftrag optimal angebahnt und abgewickelt wurde – eine der größten Hürden lauert am Schluss: Das Begleichen der Rechnung wird gerade in wirtschaftlich harten Zeiten von vielen Kunden auf die lange Bank geschoben. Den Gläubigern stehen jedoch Mittel zur Verfügung, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

»Das Mahnverfahren ist in Deutschland gesetzlich sehr genau geregelt. Trotzdem ist es für einen Laien nicht immer einfach, an sein wohlverdientes Geld zu kommen«, weiß Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung und Autorin des Ratgebers »Recht für Handwerk und Gewerbe«.

Fälligkeit, Mahnung und Verzug: Alle vereinbarten Leistungen wurden termingerecht erbracht, die Abnahme ist erfolgt, die Rechnung gestellt – und nun zahlt der Kunde nicht. Die Beitreibung offener Forderungen ist nicht nur mit erheblichen Kosten für den Gläubiger verbunden, sondern auch mit viel Zeit. »Zahlt ein Kunde nach erfolgter Leistung nicht, sollte der Unternehmer seiner Forderung zunächst Nachdruck verleihen. Mit Einleiten des so genannten außergerichtlichen Mahnverfahrens zeigt ein Gläubiger seinem Schuldner höflich, dass es Zeit ist, die Rechnung zu begleichen«, rät Kronzucker.

In einem ersten Schritt sollte dafür der Schuldner »in Verzug« gesetzt werden, also offiziell säumig sein. Am einfachsten gelingt dies, indem bereits auf der Rechnung eine feste Frist für die Zahlung genannt wird. Ist diese Frist erst einmal verstrichen, verschickt der Unternehmer eine Mahnung. Spätestens dann ist der Kunde offiziell in Verzug.

Alternativ kommt er auch dann in Verzug, wenn er länger als dreißig Tage nach dem Fälligkeitsdatum der Rechnung mit deren Begleichung wartet. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Auftragnehmer auf diese Folgen im Voraus – am besten auch bereits in der Rechnung – hingewiesen hat.

Um später nicht das Nachsehen zu haben, gilt es, einige wichtige Regeln bei der Mahnung zu beachten. Denn wenn der Kunde beteuert, er habe die Rechnung nicht bekommen, ist der Mahnende in der Beweispflicht. Darum lohnt es sich besonders bei Kunden, deren schlechte Zahlungsmoral bereits bekannt ist, wichtige Rechnungen immer per Einschreiben mit Rückschein zu verschicken. Eine gute Möglichkeit ist auch, die Schlussrechnung zusätzlich zum normalen Brief per Fax zu versenden und das Faxprotokoll aufzuheben, schlägt die Rechtsexpertin vor.

Zinsen, Verzugsschäden und Zahlungsaufschub: Die Möglichkeit, auf eine (trotz Mahnung) nicht bezahlte Forderung Verzugszinsen zu verlangen, gibt dem Gläubiger ein gutes Mittel in die Hand, der Zahlungsmoral des säumigen Kunden auf die Sprünge zu helfen. Wie viel ein Unternehmer auf die gestellte Rechnungssumme an Zinsen schlagen darf, richtet sich nach dem aktuellen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB).

Normalerweise liegen die Verzugszinsen fünf Prozent über dem Basiszinssatz der EZB. Wurde allerdings vertraglich eine Vereinbarung über höhere Verzugszinsen getroffen, gilt selbstverständlich diese. Auch zusätzliche Kosten des Mahnverfahrens, wie etwa für Porto, Rechtsbeistand, Inkasso oder Gerichtskosten können an den Schuldner weitergegeben werden.

Doch oft ist es ratsam, nach Einleiten des Mahnverfahrens in einen vertraulichen Dialog mit dem Kunden einzusteigen. Denn bevor es in letzter Instanz zu einer langatmigen, aufwendigen und teuren gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, sollten außergerichtliche Möglichkeiten wie Zahlungsaufschub oder Ratenzahlung zumindest diskutiert werden.

Von der Mahnung zur Zahlung: Wenn guter Wille und Verständnis für den Auftraggeber nicht mehr helfen und es zu keiner Einigung kommt, bleibt schließlich der Weg des gerichtlichen Mahnverfahrens (§ 688 ff. ZPO). Der große Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Schulden verhältnismäßig schnell und vor allem kostengünstig eingefordert werden können. Und auch der psychologische Faktor ist nicht zu unterschätzen – denn vom Mahnverfahren bis zur Pfändung ist es nicht mehr weit. Allerdings hat der Schuldner in diesem Fall auch das Recht, den Weg des Klageverfahrens vor einem Amts- oder Landgericht zu gehen.

Die Expertin rät, sich die Entscheidung zwischen normalem Mahnverfahren und dem Gang vor Gericht genau zu überlegen: »Das Mahnverfahren macht Sinn, wenn sich der Gläubiger sicher ist, dass der Kunde lediglich eine schlechte Zahlungsmoral hat. Gibt es dagegen grundsätzliche Differenzen über die Höhe der Rechnung und wird vom Kunden eine mangelhafte Arbeitsleistung gerügt, ist möglicherweise eine Klage der bessere Weg. Allerdings ist diese auch deutlich teurer.«

Kommt es tatsächlich zu einer Klage, gilt der Grundsatz: Der Gewinner bekommt alles. Wer also den Rechtsstreit verliert, muss auch für die Gerichtskosten sowie für den eigenen und den gegnerischen Anwalt aufkommen. Gerade in Zeiten besonders schlechter Zahlungsmoral ist es deshalb so wichtig, zunächst die außergerichtliche Forderungseintreibung professionell zu managen.

Wichtige gesetzliche Regelungen zum Mahnverfahren: §286 BGB – Verzug des Schuldners (Auszüge)

(1) Zahlt der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn (...) der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt (...)

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. (...)

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