nd-aktuell.de / 10.02.2010 / Politik / Seite 4

Evangelische Pastoren kündigten Dagdelen die Freundschaft

Bochumer Bundestagsabgeordnete der LINKEN lenkt nicht ein

Lutz Debus
Der Streit um das vermeintliche Fehlverhalten von mehreren Linksabgeordneten im Bundestag, die sich nach der Rede des israelischen Präsidenten Shimon Peres in der letzten Woche nicht von ihren Plätzen erhoben hatten, zieht Kreise bis ins Ruhrgebiet.

Drei evangelische Geistliche haben der Bundestagsabgeordneten der LINKEN Sevim Dagdelen heftige Vorwürfe gemacht und sie in einem Offenen Brief quasi zur unerwünschten Person in ihren Gotteshäusern erklärt. Pfarrerin Barbara von Bremen von der St. Petri-Kirche Dortmund, Pfarrer Thomas Schöps von der Bleckkirche Gelsenkirchen und Pfarrer Thomas Wessel von der Christuskirche Bochum hatten der Abgeordneten aus Bochum indirekt vorgeworfen, mit ihrer Geste ein Signal an die Hisbollah beabsichtigt zu haben. »Zu wem sprechen Sie, wenn Sie sitzen bleiben? Sind auch die Anhänger der Hisbollah darunter, mit denen Sie auf Demos gehen und den ›Tod! Tod Israel!‹ verlangen?« Peres hatte bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar eine gut halbstündige Rede gehalten, in der er zum einen von seiner Flucht als 11-jähriger Junge aus Weißrussland und der Ermordung seiner zurückbleibenden Familie berichtete, zum anderen dem Iran vorwarf, im Besitz von Atomwaffen zu sein. Sevim Dagdelen sagte in einer Erklärung, dass sie die Rede von Peres nicht mit stehendem Beifall gutheißen konnte, da er sie »zur ideologischen Vorbereitung auf einen Krieg gegen den Iran genutzt« habe.

Die evangelischen Geistlichen aus dem Ruhrgebiet allerdings sind empört, dass Sevim Dagdelen zusammen mit weiteren Abgeordneten der LINKEN die Ermordeten des Holocaust nicht gewürdigt habe. »Früher liefen Sie mit, heute bleiben Sie sitzen, es widert uns an... Sie haben denen, die überlebt haben, den Respekt verweigert, unseren haben Sie restlos verloren.« Die Reaktion von Sevim Dagdelen auf den Brief fiel ebenfalls harsch aus. »Was mich anwidert, sind hasserfüllte Stellungnahmen der Selbstgerechtigkeit, die nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun haben, was ich mir von der Kirche erhoffe und von ihr erwarte«, heißt es in ihrer Erklärung.

Pfarrer Thomas Wessel zeigte sich gegenüber ND enttäuscht und »hätte eine Entschuldigung erwartet«. Schwierig werde nun die Situation vor Ort. Sevim Dagdelen war bislang regelmäßig Gast in der Christuskirche, die sich als »Kirche der Kulturen« begreift und Veranstaltungsort auch vieler linker und antifaschistischer Gruppen ist. Die Abgeordnete war sogar schon Organisatorin.

Wessel hofft nun, dass der Pastorenbrief eine seiner Meinung nach überfällige Diskussion innerhalb der LINKEN über den Antisemitismus anregen werde. »Man kann nicht links blinken und rechts Wähler fischen.« Ihm sei schon länger unangenehm aufgefallen, dass sich die Bundestagsabgeordnete aus Bochum auf Demonstrationen mit Sympathisanten der Hamas und der Hisbollah solidarisiere.