nd-aktuell.de / 12.02.2010 / Berlin / Seite 12

Der Geist

Kira Taszman

Vor 44 Jahren gewann er auf der Berlinale den Goldenen Bären. In diesem Jahr ist der weltberühmte Filmemacher zwar wieder eingeladen, darf aber nicht kommen – aus gutem Grund. Roman Polanski ist der große Abwesende der Berlinale. Und doch wird der polnisch-französische Starregisseur am Potsdamer Platz heute allgegenwärtig sein.

Der in seinem Schweizer Chalet in Hausarrest befindliche 76-Jährige schickt zur heutigen Premiere seines Thrillers »The Ghostwriter« seine Stars auf den Roten Teppich: Ex-»James Bond«-Darsteller Pierce Brosnan, den schottischen Herzensbrecher Ewan McGregor und Polanskis engen Freund, den englischen Bestseller-Autor Robert Harris, der das Buch zum Film schrieb. Wird es auf der Pressekonferenz um den Film selbst gehen? Und lässt man auf dem Podium wohl einen Platz leer? Auf jeden Fall wird, dem englischen Titel der Romanvorlage gemäß, »The Ghost«, der Geist, Polanskis anwesend sein.

Ein anderer Weltstar dürfte durch sein allseits ersehntes – und erlaubtes – Erscheinen die frostige Hauptstadt mit seinem exotischen Charme zum Schmelzen bringen: Bollywood-Mega-Star Shah Rukh Khan. Doch wie will er gegen den »Geist« bestehen? Wird er auf seiner Pressekonferenz über Politik reden? Immerhin geht es in seinem Film mit dem programmatisch-egomanischen Titel »My Name Is Khan« um religiöse Konflikte in Indien. Oder wird er die Hüften schwingen, einen Bollywood-Song zum Besten geben und die weiblichen Journalisten mit seinem berühmten Schmachtblick bezirzen?

Eine andere Diva wird heute unweit des Platzes geehrt, der ihren Namen trägt. Denn Marlene Dietrich gilt die Präsentation des ersten Sterns auf dem so genannten »Boulevard der Stars« auf der Potsdamer Straße. Nach dem Willen der Initiatoren soll dort eine Art Berliner Version des »Hollywood Walk of Fame« entstehen, mit Sternen für Persönlichkeiten, die sich um den deutschen Film verdient gemacht haben. Ein Glück, dass nicht dem biederen Heinz Rühmann der auch in der engeren Auswahl war, die erste Ehre zuteil wird. So wird heute ein weiterer Geist den Berlinale-Campus durchwehen: einer mit einem Hauch von Glamour und Berliner Schnauze zugleich.