nd-aktuell.de / 19.02.2010 / Brandenburg / Seite 11

Nutzer bangen um ihre Bleibe

Hinter der Kulisse des Schlosses Biesdorf schlagen die Wellen hoch

Barbara Staacke
Nutzer bangen um ihre Bleibe

Idyllisch und verträumt zeigt sich das Biesdorfer Schloss in der winterlichen Parklandschaft. Doch hinter den Mauern der herrschaftlichen Villa brodelt es kräftig. Rund 50 Nutzer sorgen sich um die Zukunft des Stadtteilzentrums. Frank Holzmann, Geschäftsführer des Ball e. V., Betreuung arbeitsloser Leute und Lebenshilfe, fürchtet um den angestammten Platz.

»Im Nutzungskonzept werden wir mit keinem Wort erwähnt«, empört er sich und verweist auf die 15-jährige Arbeit des Vereins, die erst das Haus zu einem sozio-kulturellen Treffpunkt werden ließ. Diverse Initiativen und Organisationen haben in der Villa ihre Heimstatt. Das reicht vom Chor über die Tanzschule bis hin zum Erzählsalon. »Wir wollen wissen, wie es weitergeht. Der Bezirk soll endlich die Fakten auf den Tisch legen«, forderte jüngst Holzmann vor Stammpublikum im brechend vollen Saal.

Fest steht, sollten die beantragten 3,75 Millionen Euro aus dem Europäischen Kulturfonds für den Wiederaufbau der zweiten Schlossetage tatsächlich bewilligt und die zur Disposition stehenden 3,5 Millionen von der Lottostiftung bereitgestellt werden, wird es für das Stadtteilzentrum nach Bauende keine Rückkehr mehr geben. Grund: Die soziale Einrichtung komme laut Kulturstadtrat Stephan Richter (SPD) als förderwürdiges Projekt nicht in Betracht. Anderenfalls würde der Bezirk die EU-Gelder aufs Spiel setzen. Darauf will man es nicht ankommen lassen. Daneben soll höchster Kulturgenuss geboten werden. Zudem sind Restaurant und Galeriecafé vorgesehen.

Mit der Idee, DDR-Kunstwerke aus dem Beeskower Depot nach Biesdorf zu holen, biete sich die letzte Chance, die Mittel für die Aufstockung und den Ausbau einer Galerie zu erhalten, verteidigte Heinrich Niemann, Vorsitzender der Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte e. V. der sich in einer jüngsten Zusammenkunft mit Nutzern schwerwiegenden Vorwürfen ausgesetzt sah, das Projekt. Gleichzeitig räumte er auch ein, dass alle Beteiligten hätten einbezogen werden müssen.

»Wir haben an sich nichts gegen den Schlossaufbau, nur gegen die Art und Weise, wie man über unsere Köpfe hinweg entscheidet«, sagt Frank Holzmann. Zudem befürchten Stammgäste wie Doku-Film-Moderatorin Carmen Bärwaldt, dass am Ende nur zahlungskräftiges Publikum zum Zuge käme und die weniger Betuchten, dann draußen blieben.

Auch in der Kulturbeiratssitzung am Dienstag hagelte es Kritik. So bemängelte die Vorsitzende Ute Thomas (LINKE), dass erst jetzt, nachdem die Messen bereits gesungen seien, das überarbeitete Nutzungskonzept in die Ausschüsse gelange. Am 3. März, wenn im Schloss Biesdorf der Kulturausschuss tagt, wird das Thema brandaktuell auf der Tagesordnung stehen. Derweil sucht der Bezirk weiter nach einem Ausweichquartier für das Stadtteilzentrum.

Zwei inzwischen angebotene Ersatzstandorte hatte Holzmann zurückgewiesen. Dazu gehört das an der viel befahrenen B1 gelegene sanierungsbedürftige Gemeindehaus. »Das will die evangelische Kirche verkaufen«, erklärt Richter und fügt hinzu: »Wir würden die Instandsetzung übernehmen.« Aus welchen Mitteln, ist allerdings unklar. Holzmann indes begründet seine Ablehnung damit, dass trotz Ampel der Weg für Kinder und ältere Menschen problematisch sei. Auch der im Theater am Park vorgeschlagene Raum ist für den Verein nicht akzeptabel. Doch die Zeit drängt. Wenn die Förderzusage erteilt würde – der Stadtrat rechnet im März damit – könnten die Bauarbeiten im Herbst beginnen. Bis dahin muss eine Bleibe für das Stadtteilzentrum gefunden werden.

Indes plant die als Bauträger gewonnene Stiftung Denkmalschutz Berlin laut Richter, das Schloss nach dem Aufbau einem Verein zu übertragen. Es gebe genug Interessenten, die sich um das Schloss kümmern wollen, ließ er durchblicken. Ein zu bildender Freundeskreis solle den Verein dann unterstützen. Vorstellbar sei als Betreiber der Ball e.V. Aufgrund seiner bisherigen Arbeit passe dieser gut ins Konzept. Mit ihrer Intention orientiere sich die Stiftung nach dem englischen Vorbild The National Trust, einer gemeinnützigen Organisation, die derzeit 200 historische Gebäude und Gärten betreut.

Foto: Ulli Winkler